5/17/2020

Schönebergers Fremdschäm Show

Ich habe ernsthaft überlegt, wie ich den Beitrag nennen sollte, weil ich wirklich abgestoßen war von der Darbietung und dem, wie Frau Schöneberger sich gestern Abend inszenierte, dabei mag ich sie sonst sehr für ihren Wortwitz und ihre Spitzen, aber das war befremdlich.
Es geht um die ESC-Ersatzshow, die zeitgleich zu Raabs Free ESC in der ARD gesendet wurde, das Prinzip war eine vorab auf dem Spartensender One auf 10 Original-Beiträge, die auch im offiziellen Wettbewerb gewesen wären vorzustellen und teils live, teils per Videobeitrag zu zeigen und daraus dann quasi Deutschlands ESC-Sieger auszukungeln. An sich die Idee ja ganz nett, wenn auch sehr ambitioniert in der Elbphilharmonie, wo doch die ARD seit Jahren den Sound aus internationalen Arenen teilweise nur suboptimal durch die Empfangsgeräte zu Hause schiebt.
Erst einmal also zu dem was noch einigermaßen gut war, die Musik war nun ja, 3 der 10 Beiträge stachen etwas aus dem Gedudel heraus, das ich bereits im letzten Beitrag, wo es um die Raab Show ging kritisierte. Ja aber das war es auch schon, der Rest der Show bestand aus den immergleichen Rückblicken, die in einer echten ESC-Show meist die angespannte Stimmung auflockern, weil sie lustig aufbereitet sind oder dem Publikum zeigen, dass sich das jeweilige Austragungsland nicht so ernst nimmt oder Ähnliches, hier fungierte es als Füllmaterial, damit man nicht merkt, dass eine 45 Minuten Show auf fast 2 Stunden aufgeblasen wurde in der man dann auch noch den rothaarigen Wuschelkopf und einen sichtlich entspaßten Peter Urban beobachten musste, die sich mit einer übermotivierten und zum Teil in ihren Texten recht selbstherrlichen Frau Schöneberger Wortschwälle über eine Corona-gerechte Distanz zuwarfen. Was auf der Reeperbahn zwischen einem ausgelassenen Publikum und gelöster Stimmung nicht so auffällt wird hier leider zum absoluten Fremdscham Highlight. Auch deutliche Spitzen in Richtung Konkurrenz von ProSieben zeugen nicht sonderlich von Sportsgeist, zeigen vielmehr eine Unreife und Neid auf Innovation. Da kann man noch so oft erwähnen, dass man das Original ist. Manchmal ist es halt so, dass das Original sich selbst überlebt, weil es nicht in der Lage ist, sich der Zeit anzupassen, Neuerungen zu etablieren oder auch mal das Rad ein Stückchen zurückdreht, vielleicht mal über sich selbst lacht, etc.
Übrigens ein Grund warum die ESC-Show 2016 für mich die Beste aller Zeiten war, voller Selbstironie und dem Blick zurück mit Augenzwinkern und dennoch voll in der Zeit angekommen. Das was die ARD da gestern Abend gezeigt hat war ESC zum Abgewöhnen, auch wenn man dann ja die glorreiche Idee hatte den 2010er ESC (Lena und so - eine von Raabs Entdeckungen, die er zum Sieg supportet hat) nochmal zu zeigen.
Die Live Show zur Prime-Time dagegen war ein unglaublich entlarvendes Beispiel dafür, was im Umgang mit dem ESC falsch läuft, ach ja man hat sogar den deutschen Beitrag gezeigt, den ich weder vorher kannte, noch heute irgendeine Erinnerung daran hervorkramen könnte.
Ich bin geneigt einen Appell an das Ende zu stellen, aber ich fürchte punktlose letzte Plätze, Stimmen von ESC-Fans und Leuten aus dem Biz bleiben ungehört, solange man sich der Kritik verschließt oder ignorant jedes Jahr aufs Neue immer wieder die falschen Schlüsse zieht und rückwärtsgewandte Lösungen sucht. Sowas aber bitte nie wieder...

P.S.: Wer sich wundert, wie ich beide Shows sehen konnte, es gibt da heute ja einige Möglichkeiten, sich Sachen aufzuzeichnen, Mediatheken, etc...


Keine Kommentare: