Deutschland, Zentrum von Europa, Wirtschaftsmacht, Land der Dichter und Denker...
das wirkt irgendwie so lange her, dass man es nur noch in Büchern findet...
Schon lange nicht mehr! Wenn sich ein Italien-Korrespondent in einer Live-Schalte aus Italien darüber lustig machen kann, dass man in Deutschland noch mit Fax-Geräten arbeitet und Behördenkommunikation nicht automatisch über E-Mail funktioniert, wenn eine Frau, die sich mit Digitalisierung beschäftigt Sätze von sich gibt, wie: "Der Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen" und mein Vater ein Word-Dokument per Hand vorschreibt, um es dann maschinell abzuschreiben, auszudrucken und händisch per Post zu versenden - Dann müssen wir uns nicht wundern.
Digitalisierung (ich hasse das Wort ja, weil es einfach keinen schönen Klang hat und irgendwie klingt, als würde man etwas wegnehmen, wir alle zu Punkten oder Ziffern werden), das Wort allein ist schon das erste, was den Menschen Unbehagen einflößt. Wer will schon in einer Welt aus Einsen und Nullen leben? Wir tun es zwar schon immer, aber jetzt wo es omnipräsent zu sehen ist, macht es uns Angst. Die Millenials kennen es nicht anders, die kommen einigermaßen klar, die regieren aber auch nicht unser Land. Die, die unser Land regieren/regierten, für die ist das alles "Neuland" Und alle dazwischen wissen nicht so recht, wollen zwar, manche wagen den Sprung, andere ziehen sich zurück, wieder andere verzweifeln dabei zu schnell umzusteigen. Und wir haben 2022, nicht 2000, wo man das Alles noch hätte verstehen können. Aber seit über 20 Jahren fällt es immer mehr Menschen schwer mit der Zeit zu gehen. Als Konsequenz veralten Systeme, fallen aus der Zeit, werden Retro oder Scheitern mit jämmerlichem Abgesang daran, sich selbst nicht anzupassen.
Ich sag nur Einzelhandel, Gesundheitsämter, Bildungseinrichtungen, Politik!
Home Schooling ist ein Problem einer Gesellschaft, die nicht gelernt hat, mit den Möglichkeiten der Zeit zu lernen, als ich zur Schule ging waren Informatikräume was Neues und die Internetverbindungen langsam. Als ich studiert habe, hatte jeder in jedem Raum ein eigenes Mobilgerät und schnelles W-Lan.. Wie ich von vielen Müttern höre, ist es in den Schulen immer noch so, wie damals vor 20 Jahren, wie kann das sein? Wie soll denn Home Schooling digital funktionieren, wenn es schon in der Regelschule nicht funktioniert? Aussagen wie "Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen" sind einfach faktisch falsch. Es ist nicht der Präsenzunterricht, der nicht zu ersetzen ist sondern die Sozialisierung, die man nur in der Gruppe lernen kann. Unterrichtsinhalte lernt man viel besser, wenn man sie individuell und im eigenen Tempo bearbeiten kann, was ein Home-Schooling deutlich besser bietet als eine Klasse von 30 Kindern mit unterschiedlichem Lerntempo, von denen 10% dem Stoff voraus sind, 10% hintendran und die restlichen 80% sich irgendwo dazwischen befinden und auf lange Sicht nochmal die Hälfte davon irgendwann einfach (aufgrund der altersbedingten Veränderungen während der Schulzeit) wichtigeres zu tun hat. Da Kinder aber ein natürliches Lernbedürfnis haben, sollte man es Ihnen überlassen in welchem Tempo sie lernen wollen.
Klingt radikal, weiß ich! Aber was sie bekommen sollten wäre eine Übersicht, was man Alles lernen kann und dann entscheidet man, was man lernen will. Ich hätte das gern gehabt. Religion ist ein gutes Beispiel, da gibt es nichts zu LERNEN, religiös sind wir irgendwie alle, aber wer bin ich denn, dass ich irgendwem was darüber beibringen kann, an was er/sie/es glaubt? Dafür lieber etwas, was man nicht selbst erlernen kann, wie den Umgang mit Medien, nicht mit Meinungen (dann wären wir wieder im Religionsunterricht), um sich selbst zu lehren, wie ich an meinen Lehrstoff komme.
Das wäre für mich der nächste Punkt, wieso kostet Lehrstoff Geld? Jedes Jahr neue Bücher kaufen für horrende Preise, von denen man dann 20% während des Schuljahres benutzt, dann die Bücher weggibt und... ganz ehrlich das ist nicht nachhaltig. Zu meiner Zeit haben wir die Bücher von der Schule geliehen für ein Jahr, das war zwar gewissermaßen nachhaltig, aber eben das Gegenteil von "up-to-date". Warum gibt es keine kostenlosen Onlinebibliotheken mit Schul-Lernstoff für jedermann? Warum muss ich für ein Buch zum Erlernen des Zusammenhangs von Aussprache und geschriebenem Wort 20€ hinblättern, um einem Erwachsenen Legastheniker zu helfen seine Rechtschreibung in den Griff zu kriegen? Was bringt einem der tolle Slogan "Lebenslanges Lernen", wenn der Zugang nicht jedem offen steht? Warum bricht mein W-Lan zusammen, wenn ich 2-Stunden Mathe Nachhilfe per Videokonferenz gebe? Ganz sicher nicht, weil Präsenzunterricht nicht zu ersetzen ist!
Ein weiterer Punkt, warum gerade in Deutschland die Digitalisierung nicht funktioniert, sind die Menschen, die scheinbar keine Lust mehr haben, etwas Neues zu lernen oder überhaupt zu lernen, dass sich Dinge verändern, kein Wille zur Anpassung. Ist doch alles gut, laufen lassen, Veränderung ist böse!
Die Dinosaurier sind ausgestorben, weil sie sich nicht schnell genug an die neuen Zustände auf der Erde anpassen konnten, den Einzelhandel ereilt dieses Schicksal derzeit und in der Zukunft sehe ich an dieser Stelle die Bildung aussterben, weil niemand sie wichtig genug erachtet sie mitzunehmen in die Zukunft, weil "Präsenzunterricht durch nichts zu ersetzen ist".
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