3/19/2019

Die Meisterschwester

Zur fachlichen Kompetenz kann ich bei unserer Meisterschwester nicht viel sagen, da sie es des Öfteren geschickt vermeidet diese zu zeigen. Natürlich kann nicht jeder gut punktieren, oder weiß die persönlichen Einstichstellen jedes Patienten, kann nicht immer wissen, welche Pflaster Allergien auslösen, etc. aber wenn der Patient noch in der Lage ist, selbst auf diese Dinge zu achten und dann darauf hinzuweisen, was geht und was nicht, dann sollte man schon auf ihn hören und nicht argumentieren, dass man ja selbst schon so lange in dem Beruf arbeitet, alles besser weiß und als Patient ja nur redet. Eine Pflasterallergie bildet man sich ein, weil man denkt, dass dieses und jenes Pflaster besser für die eigene Haut ist. Oh und die Meisterschwester weiß natürlich durch ihre jahrelange Erfahrung auch anderen Patienten zu helfen, wenn es zum Beispiel um das richtige Abdrücken, nach dem Ziehen einer arteriellen Nadel geht. Selbstverständlich ist bei Nachblutungen der Patient Schuld, weil er seinen Finger nicht auf die richtige Stelle gedrückt hat. Mit sehr viel Verständnis weist die Meisterschwester dann darauf hin, dass natürlich der erfahrene Patient, dem das noch nie passiert ist die Schuld trägt mit den Worten: "Es ist ja Ihr Finger und nicht meiner, der da falsch ist, ha ha ha, wird ja immer doller hier, als ob wir unseren Job nicht richtig könnten, wenn es blutet war es der Patient, was denken Sie sich eigentlich?".
Und ich persönlich fürchte, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelt, denn auch mit Lebensratschlägen steht die Meisterschwester immer gern zur Seite, da sie eine Meisterin der Krankengeschichte eines jeden Patienten ist konnte sie auch einem Patienten helfen, der über seinen hohen Blutdruck erschüttert war: "Da haben sie ja auch gut drauf hin gearbeitet, ne? Hätten sie mal früher drauf achten sollen, sie haben sich doch hierher gebracht!" Wow, vermutlich hat der 91Jährige Herr auch gedacht, dass sie ihm die Augen geöffnet hat und er das immer falsch verstanden hat, dass ihm vor einem Jahr die Niere den Dienst versagt hat, nachdem er ein Leben lang gesund war und vernünftig gelebt hat. Wie schön, wenn einem die Augen geöffnet werden, dass man für jeden Schicksalsschlag und alle Krankheit, die einen im Leben befallen kann selbst verantwortlich ist, danke Meisterschwester.
Ich hab noch einen, Patient hat normalerweise einen fast zu niedrigen Blutdruck und ist mit seiner Lebenssituation derzeit eigentlich zufrieden mit der Ausnahme, dass er nun eben ständig zur Dialyse muss. Auch hier steht die Meisterschwester mit Rat und Tat zur Seite: "Mach doch was aus deinem Leben, Dialyse ist doch nur dreimal die Woche ein paar Stunden aber dafür biste zu faul, ne? Oder noch besser für alle wäre, du bleibst einfach zuhause..." Letzterer Satz bedeutet so viel wie, 'Stirb und geh uns nicht auf die Nerven, hab ich einen Patient weniger zum Kümmern, ist bestimmt auch gut für die Quote in der Statistik, wie viele Patienten pro Schwester zu behandeln sind...'
Übrigens, der Patient mit dem eigentlich zu niedrigen Blutdruck ging mit hypertonischen Werten nach Hause...

Das nur mal drei Beispiele der letzten Woche...

Manchmal frage ich mich wirklich, geht's noch? Das Gesundheitswesen krankt eben auch an kranken Schwestern, die meinen ihr Arbeitsplatz sei auf sie auszurichten, Mitarbeiter, die man nicht mag werden angeschwärzt, weil man selbst unfähig ist, etc.
Im Ernst, Meisterschwester sei dank, ich glaube sie hat Recht, wir Patienten sind definitiv schuld dran, dass ihr Arbeitsplatz unerträglich ist, weil sie nicht die gesamte Arbeitszeit mit den Kollegen klönen kann oder zurückgelehnt in leeren Patientenräumen Fernsehen kann.

In diesem Sinne... bleibt gesund ihr Lieben!

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