8/18/2021

Beim Konfirmandenunterricht nix gelernt?

Der Konfirmandenunterricht (allein der Name) ist eine zweijährige Vorbereitungsphase auf die Bestätigung der Taufe, einem christlichen Ritual mit dem man seinen Glauben bestätigt. Man "lernt" hier jede Menge Bibelstellen kennen, durchläuft eine Art Moral-und Ethik Schulung, die mit der Lebensrealität nur noch geringfügig etwas zu tun hat und wird angehalten die Kirche zu besuchen.

Für den Ein oder Anderen mag das ja Sinn ergeben, aber die Schule des Lebens ersetzt einem das in keinem Fall und wer denkt, dass er hier wirklich etwas LERNEN kann, der irrt, denn immerhin ist es ja eigentlich eine sehr einseitige Sichtweise, die einem hier "beigebracht" wird. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich immer mehr gelernt habe, wenn ich verschiedene Seiten einer Medaille betrachtet habe und Dinge hinterfragen konnte, versucht das mal im Konfirmandenunterricht, ich wette mit euch auf Antworten wie: "Weil Gott das so gemacht hat!", und "Weil das SO ist!" und verschiedene Variationen davon.

Richtig irre wird es dann, wenn man zwei älteren Frauen zuhören muss, wie sie sich darüber echauffieren, dass man ja während Corona nichts im Konfirmandenunterricht lernen würde. Ich bin vielleicht nicht gerade der Richtige das zu beurteilen aber in meiner Welt lernt man da generell nichts, außer vielleicht ein paar neue Freunde kennen. Man kann den Glauben nicht lernen, entweder man hat ihn oder man hat ihn nicht. Und beibringen kann man ihn schon gar nicht... "confirmare" heißt bestätigen, aber wer bestätigt denn wirklich seinen Glauben mit 13/14? Unser gesamter Kurs hat das getan, den Glauben daran, dass wir das hinter uns lassen und auf der Feier zu diesem Ereignis Umschläge mit Geld bekommen.

Die Freiwilligkeit des Konfirmandenunterrichts war so freiwillig, wie es heute Corona-Tests sind. Generell sagte keine was, aber das ganze Dorf wusste, wenn du geschwänzt hast, die Blicke der Älteren und Kirchenheinis waren eindeutig herabwürdigend, ganz subtil und sprachen sie dich an, war da dieser vorwurfsvolle Unterton in der Stimme. Nun ja, mein Konfirmandenunterricht bestand zum größten Teil aus Warten, ob der Pastor überhaupt kommt (falls er nicht gerade in der Kneipe saß oder im Bademantel durch fremde Gärten stolperte) und der Frage nach dem Sinn. Spätestens als der Pastor dann mit einem großen Messer in den Unterricht kam, um "einen Kuchen anzuschneiden", war für mich klar, dass ich nur noch wegen des Geldes da hin ging. Dann fiel das ganze circa ein Jahr aus und das letzte halbe Jahr hatten wir dann einen monotonen Pastor, der der Sache total verschrieben war, aber keine Ahnung hatte, wie man mit Jugendlichen umgeht, Psalm 23 auswendig lernen, Vater Unser aufsagen --> KACHING $$$

Und seitdem habe ich übrigens auch von meinen Paten nichts mehr gehört, als seien sie damit aus ihrem Pakt entlassen worden, jedes Jahr zum Geburtstag zu gratulieren und eine Kleinigkeit vorbei zu bringen. Im Nachhinein wirkt die ganze Angelegenheit für mich einfach nur lächerlich und verlogen, von der Taufe bis zur Konfirmation. Wozu das Ganze?
Warum kann man nicht bei der Volljährigkeitswerdung irgendwo ein Kreuz machen und entscheiden ob man mit der Kirche was zu tun haben will, einer Religion angehören möchte oder nicht und bis dahin neutral aufwachsen, so dass man selbst entscheidet? Ein Religionsunterricht sollte multireligiös stattfinden und alle Möglichkeiten beleuchten, die man hat. Vom Christentum bis zum Islam, von Judentum bis hin zum Buddhismus, in der Schule lernt man nicht, was Rastafari sind oder über die Naturreligionen der Druiden, alter Völker, der eigenen Vorfahren. Höchstens im Geschichtsunterricht als Sagen und Mythen und daher hat man eigentlich nie eine Wahl etwas nicht zu bestätigen, denn es "gibt" ja nur das Eine... Ich weiß noch, wie ich mich immer gewundert habe, warum es katholischen und evangelischen Religionsunterricht gab (ich mein im Ernst?), später ließen sich dann Muslime und Zeugen Jehovas vom Religionsunterricht befreien, während unsereins in der hinteren Bank "Stadt-Land-Fluss" gespielt hat.

Das System ist meiner Meinung nach für ein weltoffenes kulturell unglaublich reiches Land, wie Deutschland nicht tragbar und aus einer Zeit, die es schon lange nicht mehr gibt. Jeder nach seiner Fasson und Religionsfreiheit nicht nur als Wort sondern eben auch gelebte Realität. Es darf wegen einer so persönlichen Entscheidung keine gesellschaftlichen Ausgrenzungen oder Unterschiede zwischen den Menschen mehr geben, nicht im Jahre 2021. Auch das ist FREIHEIT!

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