Das M'era Luna ist in vollem Gange und ich denke mir einmal mehr, dass es schon komisch ist, wie sehr die Farbe schwarz hier doch noch dominiert, die Subkultur scheint hier noch größtenteils intakt zu sein, wenn ich das so provokativ formulieren darf. Ganz anders war das vor einer Woche auf dem Wacken, wo es sich längst anfühlt wie der Ballermann der guten Musik, Menschen in Einhornkostümen, Atzengewandung, bunter Klamotterie und weit weg von Metal herumlaufen. Das sei ihnen meiner Meinung nach ja auch gestattet, fühlt sich eben nur an, als wenn man auf ne Beerdigung eingeladen ist und im pinken Cocktailkleid kommt. Und ich glaube noch nicht einmal, dass es alles nur Touristen sind, die einfach mal dabei sein wollen, viele machen das absichtlich, um zu provozieren oder einfach weil sie sich nicht anpassen können und einfach herausstechen wollen. Immer mehr Menschen denken scheinbar, dass sie die Bühne einer Masse nutzen können, um sich selbst zu vermarkten und vergessen dabei, dass es für viele Menschen mehr ist, als sich einfach einmal im Jahr zu treffen und zu demonstrieren. Natürlich demonstrieren sie, sie demonstrieren, dass wir auch die akzeptieren, die sich nicht an unsere unausgesprochenen Regeln halten, die anders sind, aus welchen Gründen auch immer, solange wir im Pit alle voller Matsch sind und uns gegenseitig wieder aufheben. Am Ende dieses Wackens sahen wir eh alle gleich aus, so what. Ihr wisst schon was ich meine.
Ich kenn das ja auch noch von der Süd, wo Leute in neutralen T-Shirts aufgetaucht sind, 80 Minuten an ihren mobilen Endgeräten rumgespielt haben und dann nach Hause gegangen sind ohne auch nur einen Spielzug lang supportet haben. Ich frage mich einfach ob das Tourismus ist und in wie weit es die eigentliche Kultur aushöhlt und bloß noch den Eventcharakter übrig lässt. Ich weiß nicht, ob der Vergleich hinkt, aber selbst eine Demonstration gegen einen toxisch wahrgenommenen YouTuber wird sieben Jahre später, wo er längst nicht mehr existiert oder der Pilgerort, zu einem Event, das nichts mehr mit der Idee der originalen Veranstaltung zu tun hat, weil irgendwelche Jugendlichen der Meinung sind, man sollte etwas feiern, dass einst eine Mahnung war. Ist halt auch wieder die Frage, ob es sich hier um eine Aneignung handelt und niemand mehr Respekt für den eigentlichen Grund solcher Veranstaltungen hat.
Und dann denke ich knapp 100 Jahre zurück, wo man bei einer sich andeutenden Untergangsstimmung einfach nur noch auf den Putz gehauen hat und die Hoffnung auf einer guten Party zu sterben an irgendeiner Überdosis ein hinnehmbares Risiko war und sich als die bessere Alternative zum langweiligen langsamen Verhungern oder von Armut dahingerafft zu werden. Es macht mir Angst, dass sich unsere Zeit genauso anzufühlen scheint. Hauptsache Event erleben, ganz egal welche Idee dahinter steht, da sein, wenn es passiert, um nichts zu verpassen. Selten war yolo so ein essentieller Bestandteil des Selbstverständnisses von jungen Menschen wie heute. Ich weiß nicht, wo das hinführen soll.
In diesem Sinne...

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