12/10/2013

Das Leben nach dem Tod in Dortmund (eklig)

Die Menschen in Dortmund sind die Besten, die ich je kennengelernt habe. Man sagt der Gegend in der ich wohne oft nach, dass es dort nur Mord und Totschlag, Prostitution, Drogenhandel und jede Menge andere kleinkriminelle Machenschaften gibt. Das stimmt auch mit der Ausnahme des kleinen Wörtchens "nur". Es gibt nämlich auch noch Menschenhandel, Vandalismus und Schutzgelderpressung. Vermutlich gibt es in diesem kleinen Mikrokosmos jegliche Art von Kriminalität, aber trotzdem habe ich in all der Zeit nie deswegen Angst gehabt. Ehrlich gesagt kann ich heute gar nicht mehr sagen, wo damals meine Ängste herkamen, vermutlich war es das Zusammenspiel mit meinem körperlichen Verfall, immerhin habe ich fast ein halbes Jahr überlebt, obwohl ich keine funktionierende Niere mehr übrig hatte. Zwar konnte ich meine Wohnung nicht mehr verlassen und habe die meiste Zeit im Bett oder über die Kloschüssel gebeugt verbracht aber ich habe überlebt. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass die grüne Galle, die in Schwallen im Keramikbecken vor mir landete das letzte war, das ich sehen muss. Jedesmal wenn ich morgens neben dem Brecheimer auf den kalten Fliesen aufgewacht bin, weil ich es in der Nacht kräftemäßig nicht mehr zurück ins Bett geschafft habe oder ohnmächtig einfach umgekippt war, verfluchte ich den Tag. Jeden neuen Tag wünschte ich, dass der Sonnenuntergang der letzte sei, den ich je sehen muss.
Irgendwann gingen auch die Zigaretten aus. Ich glaube das war schon zu einer Zeit, wo es mich ängstigte vor die Tür zu gehen, nicht nach draußen ins Viertel, oder zum Briefkasten, eine Etage tiefer. Nein, die Furcht begann sobald ich einen Fuß vor meine Wohnungstür setzte, sofort reagierte mein Darm und ich bekam Schweißausbrüche, Herzrasen und begann mich zu fühlen als würde ich sterben. Der Tod war mir in dieser Zeit so nah, dass ich von ihm gefangen war, vielleicht besessen. Meine Welt wurde jeden Tag kleiner, weil ich es oft tagelang nicht schaffte mir etwas zu essen zu machen, oft schleppte ich mich mit letzter Kraft zur Kiste Wasser nur um mir einen Vorrat für drei Tage an mein Bett zu holen. Ich weiß gar nicht, wie ich so überhaupt leben konnte, aber im Endeffekt war das auch kein Leben mehr, es war das pure Überleben und der Kampf gegen das selbstverursachte Versagen des Körpers.
Wenn man einen Suizid plant, sollte man ihn auch bis zum Ende durchdenken und sich sicher sein, dass man es auch wirklich will. Alles andere sind Hilfeschreie von gequälten Seelen, die ihr Leben zwar leben wollen, es aber einfach nicht auf die Reihe bekommen. Ich fürchte ich war eine dieser gequälten Seelen, oder besser gesagt, Teile meiner Persönlichkeit waren es. Wenn ich den Ausführungen einer Psychiaterin glauben soll, dann hat sich ein Teil meiner Persönlichkeit abgespalten, um mich als Person zu schützen, weil irgendwas mich so sehr erschüttert hat, dass ich es nicht verarbeiten konnte. Dieser abgespaltene Persönlichkeitsteil hat dann eine schwere Depression ausgebildet und da ich über Jahre keinen positiven Ausgleich fand die Kontrolle übernommen. Im letzten Winter starb dann dieser Teil den Tod der Rationalität. Ich brauchte einfach keinen Schutz mehr vor dem Leben, sondern vor dem Sterben. Und seitdem ich mehr oder weniger jahrelang tot war fühle ich mich mittlerweile wieder fast wie "Der Alte Alex"!

12/09/2013

Herzbruch? Happy End?

Irgendwo am Ende einer Paarbindung gibt es immer den traurigen und meist auch höchst schmerzhaften Moment des Herzbruchs oder zumindest der Gewahrwerdung, dass die Wohnung Herz demnächst leer steht...  Ich ergreife hier gezielt Partei für jene, die den Schmerz und das Leid solcher Endzeitthematiken am eigenen Leib spüren müssen, mit denen, die am meisten brauchen, dass man ihnen einfach zuhört und ihnen am Ende sagt, dass doch alles gut wird, auch wenn das natürlich eine Lüge ist und die Person, der man es sagt das auch genau weiß... Ich würde euch gerne anlügen, wenn euch die Liebe mal wieder hinterrücks erdolcht hat oder so, aber ich kann mich nicht um alle kümmern, auch wenn das meine Intention ist, die mir schon so einige Therapiestunden eingebracht hat ;)
Jeder Herzbruch kann Weltuntergang und Happy End in einem sein, entscheidend ist die Perspektive, allerdings habe ich jetzt in letzter Zeit häufiger mal den Wunsch zu Ohren bekommen, dass sich die meisten Menschen einfach nur so etwas wie ein Happy End wünschen für ihre derzeitige Situation, ihr Leben, die Liebe... am besten für jede einzelne kleine Geschichte in ihrem Leben... tja, fragt einfach, ich schreib euch das Ende um (für Freunde sogar kostenlos)...

12/08/2013

Besinnliche Gedanken zum zweiten Advent

Liebe Freunde,

ich bin traurig. Wenn ich miterlebe, wie sich unsere Menschheit so entwickelt muss ich weinen. Stein des Anstoßes war einmal mehr die zur Schau getragene Ignoranz der Wirklichkeit. Im Normalfall entwickelt sich der Mensch im Laufe seines Lebens weiter. Kindliche Vorstellungen von Märchen und Mythen weichen irgendwann der Realität. Wir erkennen die Wahrheit hinter dem, was unsere Eltern uns erzählen, wenn wir klein sind, wie z.B., dass der Biba-Butze-Mann kommt, wenn wir unartig sind, oder dass Gott uns beschützt. Aber leider gibt es einige, nicht nur die Dementen, die scheinbar bewusst auf die Wahrheit verzichten, um an irgendwas zu glauben, was ihnen die gesamte Verantwortung für ihr jämmerliches Dasein entzieht. Wie neidisch ich auf diese Idioten bin. Oft wünsche ich mir auch, dass ich ignorieren könnte, dass ich für alles, was ich tue die Verantwortung übernehmen muss und einfach sagen könnte, ich hab keine Schuld, Gott will es! So ein Humbug!
Ich würde gerne mal eine Analyse der intellektuellen Fähigkeiten gläubiger Menschen im Vergleich zu denen, die sich mit der Realität abfinden sehen. Nicht um die Gläubigen als dumm zu zeigen, sondern einfach nur, weil ich verstehen will ob es eine Sache des Intellekts ist oder eine Geisteskrankheit an etwas zu glauben, was faktisch nicht existiert...
Ich glaube ja selbst auch, allerdings an etwas, was ich selbst beeinflussen kann, an mich selbst, das ist das Einzige in diesem Leben, was einen Glauben rechtfertigt, weil es vom Beginn meiner Existenz bis zum Ende davon bei mir ist. Denkt mal drüber nach, was ihr in knapp 2 Wochen feiert, die Geburt eines imaginären Heilands oder vielleicht doch lieber euch selbst und die Menschen, die euch umgeben und die euch zu dem gemacht haben, der ihr seid.
In diesem Sinne... 16!

12/07/2013

Krücken der Evolution

Intelligenz ist eine Gabe und ein Fluch. Man könnte meinen intelligente Menschen wären im Vorteil der "normalen" Bevölkerung gegenüber. Vielleich wenn sie auch körperlich der Masse überlegen sind. Aber solche Hybriden sind sehr selten. Normalerweise sind es die Intelligenten, die als Krücke der Anderen zwar helfen aber selbst nicht weitergehen können. Als wären sie die Räuberleiter der "Normalos" auf dem Weg ins Haus des Fortschritts. In letzter Zeit habe ich immer mehr das Gefühl, einige intelligente Dinge werden getan, viele Dumme profitieren davon und vermehren sich weiter. Die Intelligenten werden oft nicht als normal durchschnittlich anerkannt und haben oft Defizite im körperlichen Bereich und sind dadurch zum Aussterben verdammt. So war es immer. Ich bringe an dieser Stelle gern das Steinzeitbeispiel: Zwei Männer unterwegs im Dschungel. Auf einmal kommt ein Säbelzahntiger auf sie zu. Während der eine wegrennt, überdenkt der andere seine Optionen. Stunden später kommt der Geflohene zurück und sieht den ausgeweideten Körper seines Kollegens. Nettes Detail ist ein zum Speer gespitzter Stock, der neben dem völlig zerfetzten Körper im Boden steckt. Der Mann zieht ihn aus dem Boden und geht fort.

12/06/2013

Fleischersatz

Liebe vegane Gemeinde,

ich bewundere euch! Die Idee und die Disziplin, die viele Zeit und den großen finanziellen Aufwand, den ihr investiert um Tieren ein besseres Leben zu schaffen. Danke dafür, dass ihr tut, was ich nicht kann (oder vielleicht noch nicht kann).
Ihr habt es sicher vermutet, es kommt ein A-Wort, hier ist es: ABER...
Warum versucht ihr Gerichte nachzubauen, die tierische Inhaltsstoffe enthalten? Ich versuche doch auch nicht mit Hackfleisch nen Kopfsalat zu bauen. Also was soll das? Ich glaube übrigens, dass diese ganzen Produkte gar nicht so "fair-trade" sind, wie sie behaupten, im Gegenteil, die Industrie hat sich längst auf den Trend eingestellt und verarscht euch genauso wie alle anderen. Verurteilt die 2 Euro Fleischkäufer ruhig, weil sie sich einen Dreck um die Bedingungen scheren, wie dieses Fleisch entsteht aber verurteilt sie nicht, weil sie das kaufen, was die Industrie ihnen vorsetzt. Nur weil ihr vielleicht auf der Sonnenseite des Lebens steht und euch einen elitäreren Lebensstil leisten könnt... ach Scheisse Arm-Reich, Vegan-Fleischfresser, das ist eigentlich gar nicht das Thema, klar gibts da sicher auch was zu diskutieren aber meine Frage ist viel mehr, ob ihr die ECHTEN Veganer mal in euren Reihen aufräumen könntet und die ganzen Poser und Faker bei euch rausschmeissen könntet, die nur mitmachen, weils ein neuer Trend ist und nicht, weil sie davon überzeugt sind.

NEMA

12/05/2013

Domian Thema: Mit dieser Schuld muss ich leben

Ich habe in meinem Leben schon so manchen Mist gebaut und vielleicht auch die ein oder andere Schuld auf mich geladen, andererseits ist Schuld auch eine sehr subjektive Bewertung von Taten eines Menschen. Als ich vor ungefähr einem Jahr ins Krankenhaus kam war ich mir meiner kompletten Schuld bewusst. Ein Suizidversuch ist schon etwas, woran man nur selbst Schuld ist (auch wenn das die Psychiater mit denen ich gesprochen habe anders gesehen haben), vor allem wenn man das ganze in einer selbstzerstörerischen Perversion über mehrere Jahre geplant hat. Die Schmerzen, die eine Folge des Prozesses waren, fühlten sich für mich an wie eine Katharsis, es half mir in der Bewusstwerdung, dass es die Depression war, die mich soweit getrieben hatte und ich nicht Herr meiner Selbst war. Sie machten mir vor allem bewusst, dass ICH leben wollte, immer schon und nur die Krankheit diesen Irrsinn ausgelöst hat. Ich will mich damit nicht vor der Schuld drücken, denn schlussendlich bin ich überheblich genug mich über die Krankheit zu erheben und damit selbst verantwortlich gewesen zu sein, aber vielleicht haben die Psychiater ja doch etwas recht gehabt und ich hätte gar nichts tun können um das alles abzuwenden. Ich bin jedenfalls glücklich, dass ich lebe. Das Opfer einer Niere und der Bluthochdruck, der Katheter im Bauch und die 2 1/2 Stunden, die ich täglich mit Dialyse zubringe sind ein geringes Opfer wenn man dafür LEBEN darf. Der pure Wille hat mich letztes Jahr überleben lassen, der pure Wille und der Glaube, der Glaube an mich selbst. Immerhin habe ich während der Krankenhauszeit nur von drei Menschen Besuch bekommen. Ich bin sehr dankbar, dass diese Menschen für mich da waren, aber genauso enttäuscht war ich, dass es Menschen gab, die mir sogar den Tod gewünscht haben und mir diese Meinung auch unverblümt mitgeteilt haben... wäre mir wohl scheissegal gewesen, wenn es nicht die Frau gewesen wäre, deren bester Freund ich war. Das war der größte Schmerz, aber auch den habe ich überlebt, wiedermal. Wenn man so zurückdenkt (und dafür hatte ich ja im Krankenhaus viel Zeit) war es auch schon 7 Jahre zuvor diese Frau, die meine Depression erst zum Ausbruch brachte. Also wenn man schon von Schuld sprechen will, dann trägt sie die wohl, indem sie mich jahrelang ausgenutzt und seelisch missbraucht hat. Dazu kam dann noch mein Krankheitstrauma und die fehlende psychologische Betreuung in der Kindheit um mit meinem schweren Schicksal klar zu kommen aber hey, die 4 Wochen im Dezember 2012 in der Uniklinik Münster haben mir mehr gebracht als die ganzen Jahre der Selbstmarterung zuvor. Der Lebenswille war am stärksten in dem Moment, als es auf Messers Schneide stand. Sterben ist seither keine Option mehr, auch wenn das Leben, das ich führen muss noch so schwer ist!

Aber es gibt doch eine Schuld, die ich gestehen mag, meine Schwester hat mich darauf gestoßen und obwohl ich mich dafür bereits kurz nachdem es geschehen war entschuldigt habe ist es doch etwas, was ich wirklich als große Schuld sehe. Es war eine Geburtstagsfeier in einem extra gemieteten Gebäude, eine große Feier, wie es für mich zu dieser Zeit üblich war (mit 17). Wir hatten eine oder mehrere Bars für uns allein und konnten alles trinken, was wir wollten, nun ja... das haben wir wohl auch alle getan, no limit powershots!!! Irgendwann im Laufe des Abends kam ich ins Gespräch mit einer bildhübschen Frau, eine Klassenkameradin von mir. Das Problem war nur, dass ich der einzige war, der dachte, dass wir ein Gespräch führten. Die Leute, die bei ihr saßen waren nicht dieser Meinung und ihr Freund schon gar nicht. Das störte mich enthemmt durch sehr viel Alkohol überhaupt gar nicht und ich fuchtelte wild mit den Armen vor ihr herum und erklärte, wie toll ich sie doch fand. Irgendwann wurde es ihrem Freund etwas zu bunt und er drängte sich dazwischen. Ich drückte ihn zur Seite, er drohte mit irgendwas und ich wollte ihm ganz zart die Wange tätscheln. Da schubst er mich zur Seite und das Mädel steht auf, was ich allerdings nicht mitbekommen habe. Im Drehen traf ich sie mit einiger Wucht im Gesicht und DAS tut mir bis heute so dermaßen leid, weil es ein verdammtes Versehen war. Die folgende Diskussion über Nazigedichte und die Fast-Messerstecherei, die mit Polizei und einer ziemlich zügigen Flucht endete ist eine ganz andere Geschichte. Leider hat das Mädel mir in all den Jahren glaub ich nie wirklich verziehen, was ich mit dem heutigen Abstand sogar verstehen kann. Immerhin war ich ein kleiner arroganter neofaschistisch angetouchter Partyzwerg, der dachte egal was er tat, er war im Recht. Ich glaube, wenn dieser Scheiss nicht passiert wäre, hätten wir richtig gute Freunde werden können.

12/04/2013

Eine Stunde bis zur Schlachtbank (23.01.2012)

Wieder mal eine Nacht damit zugebracht, sich im Bett hin und her zu wälzen. Ich würde nicht sagen, dass ich aus Angst oder Panik nicht schlafen konnte, es war mehr so, dass die Müdigkeit mir den gestrigen Tag gestohlen hat und ich dadurch die Nacht wach lag und Zeit zum Grübeln hatte. Aber worüber sollte ich noch groß grübeln, war es doch der vermutlich letzte Tag in Freiheit.

In ein paar Stunden würde ich in der Psychiatrie offiziell den nächsten Schritt hinab machen auf meiner langen Reise hinab zum Nullpunkt. Ich behauptete zwar in den letzten Wochen immer wieder ganz gerne, dass ich nicht mehr viel tiefer sinken könnte, aber dieser letzte Schritt war doch für mich so etwas wie der Gang zum Scheiterhaufen, wo dann meine Seele endgültig in Flammen meinen Körper verlassen würde um sich den Seelenjägern der psychologischen Medizin hinzugeben.

So lieg ich also da und versuche auf meinem ungemütlichen Behelfsbett im kleinen Gästezimmer irgendwie das Kissen in eine Form zu prügeln, die meiner Kopf und Nackenmuskulatur am wenigsten Schmerzen zufügt und versuche ein wenig zu entspannen. Aber nichts da, auf einmal piekt mich etwas im Nacken ich fühle mit der Hand langsam die Stelle am Kissen nach und das Pieken verschwindet wieder, kaum liegt der Kopf wieder da, sticht es wieder. Wutentbrannt richte ich mich auf und schüttel das Kissen erneut aus und mir entgegen entweichen zwei kleine Federn aus dem Kissen. Ich dachte so bei mir, das wird es ja wohl gewesen sein, klopfe mir das Kissen wieder in eine mehr oder weniger halbwegs ertragbare Position und lege mein Haupt erneut ab, schließe für ein paar Minuten die Augen und höre das Ticken der verhältnismäßig lauten Uhr.
Ohne Witz, diese Uhr ist so verdammt laut, dass man sie in allen Zimmern der Wohnung hört, wenn alle schlafen. Tick Tack! Tick Tack! Die Zeit scheint zu verrinnen, doch Pustekuchen. Noch knapp 3 Stunden, dann muss ich mich schon wieder aufmachen und ich mache mir Gedanken, ob das letzte Mahl, welches ich am Vorabend zu mir nahm, denn gut genug geschmeckt hat, als dass ich es als würdige Henkersmahlzeit empfunden hätte. Während ich so darüber nachdenke merke ich, dass ich anfange zu zittern. Erst beschlich mich das Gefühl, dass es wohl ein kleiner Angstschub sein könnte, der mich umfasst. Allerdings war es mehr so, dass die Hände oberhalb der Bettdecke eiskalt waren und auch das Zimmer scheinbar ausgekühlt war.

Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man stirbt, aber man hört ja ab und an mal in Filmen davon, dass es kalt wird, bevor man dann gehen muss. Es ist nicht so, dass ich in diesem Moment Angst hatte zu sterben, aber es wurde bitterlich kalt. Ich konzentrierte mich auf die Kälte und das verstärkte das Gefühl nur. Wie Packeis, das sich langsam um alles herumklammert kroch die Kälte in mir hoch und ich begann zu zittern. Ich hätte aufstehen können und die Heizung anschmeissen können, aber was hätte das gebracht? In erster Linie hätte es wohl gar nichts gebracht, da in dieser Wohnung nur tagsüber geheizt werden kann. Das heißt, ist man Nachts wach und draußen ist die Temperatur nicht unter 5 Grad, dann heizt die erstmal gar nicht, egal ob an oder aus. Großartig! Verdammte Kacke! Hier ziehts aber, dachte ich mir, während ich das so denke bemerke ich wie mein Köper sich in die fötale Stellung begibt, um Wärme zu halten. Ich erinnerte mich daran, dass man durch die Reduzierung von Fläche, die Temperatur auf einen kleineren Raum zusammenstauchen konnte. Nun ja, anfangs hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass es etwas brachte und ich drehte mich zur Wand, um wenigstens noch ein wenig Ruhe zu finden, wenn ich auch nicht schlafen konnte.

Aufstehen wäre auch eine Option gewesen, bei der Kälte allerdings eine die ich verworfen hatte, ich zitterte mich also in eine Art Delirium, da klingelt mein Handy. Entnervt griff ich auf die neben dem Schlafsofa stehende Kommode und nahm den Anruf entgegen. Eine wohlbekannte Stimme meldete sich, es war die Stimme meiner Schwester, die mir davon erzählt, dass ich eingeschlafen sei und neben meinem Bett stehe. Ich dachte mir, dass sie betrunken sei und blicke mich nervös um. Tatsächlich stehe ich selbst neben mir am Bett und blicke auf meinen zitternden Körper herunter, der in einem fahlen blau beleuchteten Raum liegt. Ich frage mein Schwesterlein, was der Schwachsinn denn jetzt soll, da verändert sich ihre Stimme und ich höre mich selbst im Echo, aber ich sage etwas anderes und sehe mich selbst zum Handy greifen. WTF?

Mittlerweile liege ich neben mir auf dem Schlafsofa und das andere Ich nimmt mich an die Hand, ich habe kurzzeitig das Gefühl, dass mir wärmer geworden ist, dann drückt mich etwas in das andere Ich und drückt weiter, bis ich zur Hälfte in der Wand stecke. Mein Schwesterlein steht nun am Bett und ich sehe sie verstört an und hauche noch leise: "Hilfe".

Dann wache ich auf, sehe auf die Uhr und bemerke, dass ich hellwach war. Noch eine Stunde bis zur Schlachtbank, doch ich war ganz ruhig. Ich hatte sogar das Gefühl, dass dieser Hilferuf irgendwo in meinem Unterbewusstsein rumgelungert hat und nur darauf gewartet hat, dass er raus durfte zu mir. Vielleicht war das jetzt auch der endgültige Punkt die Wende einzuleiten, um mein verkorkstes Leben wieder einigermaßen in eine geregelte Bahn zu bringen.

Fast automatisiert schwinge ich mich voller Elan aus dem Bett, kleide mich an, verschwinde im Bad und mache alles so, als wäre ich wieder ganz der Alte. Die Angst vor dem Termin beim Psychiater kam erst hoch, als ich im Wagen saß und auf den Parkplatz des Klinikkomplexes sah, dass es jetzt keine Phantasie mehr ist oder ein fernes unscharfes Bild, sondern tatsächlich geschehen würde. Allerdings hielt es sich doch eher in Grenzen mit der Panik. Dumm und unerfahren, wie ich in solchen Dingen glücklicherweise war, hatte ich natürlich erst einmal das falsche Gebäude auserkoren für meinen ersten Anlauf. Wieder ein Rückschlag, wieder daneben gelegen. Obwohl so kann man das nicht sehen, ich habe eigentlich nur auf den Rat meiner Begleitpersonen gehört. Sowas sollte man sich immer mehrmals überlegen. Ich glaube, dass denen nicht bewusst war, welche Folge deren Fehlentscheidung hatte. Ich hatte nichts gegessen und war gereizt, ob der letzten Nacht und dann muss ich auch noch mit meinen begrenzten Kraftreserven ein Gebäude auf einem Berg erklimmen. Ich wäre auf dem Weg dorthin beinahe kollabiert, weil ich den Anstieg nicht geschafft hätte, wenn ich nicht zwischendurch kräftig durchgeschnauft hätte.

Naja und dann verlief ich mich auch noch direkt auf die Station der Tagesklinik, wo man mich freundlich darauf hinwies, dass die Anmeldung im Untergeschoss war. Nun ja, das war dann auch alles kein Problem, doch dann musste ich warten. Mit zitternden Knien und bleich wie eine Kalksäule stand ich dann vor der Sekretärin und fühlte mich, wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal alleine ein Brötchen am Kiosk kauft. Ganz schrecklich, ich weiß gar nicht, wann ich mich jemals so ausgeliefert gefühlt habe. Beim Überreichen meiner Überweisung zitterte ich am ganzen Laib und ich konnte auch keinerlei Blickkontakt halten. Ich hatte das Gefühl, dass man mir ansehen konnte, wie kaputt es in mir aussehen musste.

Und dann war Warten angesagt. Das Warten in einem Wartezimmer ist generell ja eine sehr interessante Angelegenheit, weil man durch das Beobachten und Zuhören und einfach nur da sein viel über seine Umgebung lernen kann. Interessant ist sowas bei einem Allgemeinmediziner, weil man dort über die Leiden von verschiedensten Leuten erfährt, Lebensgeschichten offen diskutiert werden, scheinbar interessiert die meisten Leute ihre Privatssphäre in solchen Situationen nicht mehr, weil sie sich sicher fühlen oder es ihnen egal ist, dass andere vielleicht mithören können, wenn sie in voller Lautstärke über irgendwelche Geschlechtskrankheiten reden oder sonstwas, was ich gar nicht wissen will. Es ist allerdings dennoch interessant.

Hier war die Situation eine ganz Andere. Nicht nur, dass es mir generell relativ egal war, was um mich herum stattfand, ich war anfangs noch nicht einmal interessiert daran, als eine Gruppe "Insassen" sich über einen Termin des Gehirnjoggings unterhielt. Wirklich interessant war eigentlich nur die junge gutaussehende "Insassin", die auf Socken durch den ausladenden Warteraum schwebte und scheinbar wirklich ernste Probleme zu haben schien. Wäre ich ein wenig stabiler gewesen, hätte ich sie vermutlich angequatscht und hätte nicht beschämt den Blickkontakt gescheut. Außerdem habe ich gefroren wie sonstwas. Wie kann ein so großer Raum eigentlich nur von einem Heizkörper beheizt werden sollen? Das Zittern war ausnahmsweise nicht angstinduziert sondern tatsächlich eine Reaktion auf die Kälte, verstärkt durch das immer noch nichts gegessen haben und die Übernächtigung.

Als die Gesockte wieder verschwunden war, folgte ihr quasi eine ganze Ärzteschar, denn (so zumindest meine Vorstellung von ihr, basierend auf meinem ersten Eindruck) auf Station hatte sie wohl einen kleinen Alarm ausgelöst, was mir dann doch ein kleines Lächeln abrang. Das nächste Lächeln kam in mir auf, als ich den Psychiater traf, ich nenne ihn mal "Lucien Favre", denn er hatte einen so schönen Dialekt, dass ich ihn einfach nicht ernst nehmen konnte. Das Gespräch dauerte circa 5 Minuten und begann mit den Worte: "Hallo, ich hab keine Zeit für Sie..." Ideal, wenigstens beginnt man nicht mit einer Lüge und der Heuchelei, dass man wirklich Hilfe zu erwarten hat. Hilfe sagte man mir zwar auch zu, aber das solle dann die Therapie und die anschließende Behandlung bringen, seine Aufgabe sei nur abzuklären, in welcher Richtung das alles weitergehen wird.

Dann endlich ging es wieder heim und ich konnte endlich etwas Essen!

12/03/2013

Jahrestag!

Hey Freunde,

heute ist es mal wieder soweit, Jahrestag! Normalerweise ist so etwas ja immer ein glückliches Ereignis oder wenigstens eines an das man mit positiven Gefühlen zurückblicken sollte, aber mich erinnert es bloß daran, wie mir mein Leben vor 8 Jahren begann zu entgleiten. Ich gebe ihr gar nicht die Schuld, weil sie nie für irgendetwas die Verantwortung übernommen hat und daher natürlich auch keine Schuld haben kann, weil sie ja im Grunde immer nur passiv war, immer bloß genommen hat und nie gegeben. Hätte ich rein theoretisch also eigentlich auch gar nichts verlieren können, als sie gestorben ist, oder?
So ist das wohl, wenn einer mehr liebt als der andere... so sehr, dass es weh tut und das noch lange nach ihrem Tod. Ich weiß nicht, wie lange ich geweint habe, wie viele Fragen ich mir stellte, warum ich nichts tun konnte, sie zu retten, einfach irgendwas zu tun...
Die Trauer hat mich beinahe zerstört, ich habe mich lange Zeit so verloren gefühlt ohne sie, dass ich mir einen langen qualvollen Suizid ausgedacht habe und begann ihn umzusetzen...
So etwas Dummes, Freunde! Letzten Sommer habe ich gemerkt, dass das keine Lösung ist, hab mich aufgerappelt und wieder angefangen zu leben. Dann kam im Winter die Folge des langfristig angelegten Suizidversuchs und brachte mich für 4 Wochen ins Krankenhaus. Kurz danach ist der nächste Mensch gestorben, den ich wie eine Schwester geliebt habe und ein großer Teil der Verwandtschaft hat sich abgewendet. Der Weg zurück ins Leben war nicht leicht. Heute 8 Jahre nachdem ich in die Depression abgesunken bin kann ich behaupten wieder relativ stabil zu sein. Jetzt brauch ich nur noch wieder ein eigenes Leben, eigene Wohnung, eigenes Geld...
Trotz allem, werde ich dich immer in Ehren halten, denn vielleicht ist das Alles notwendig gewesen und darum ist unser Jahrestag auch immer ein Tag des Dankes wert.

12/02/2013

Konsumzombies am Glühweinstand

Liebe Freunde,

wenn ihr in den nächsten Tagen auch einen Besuch des von euch bevorzugten Weihnachtsmarktes plant, passt bloß auf euch auf, es ist dieses Jahr besonders schlimm. Auch die letzten Jahre war es schon teilweise gruselig, wenn man sich während man mit steigendem Pegel durch die Straßen voller Menschen geschoben wurde umsah und den vermeintlichen Menschen mal ins Gesicht schaute. Oft sah man in die leeren Augen von überschminkten Altsinglemodellen, die ihre besten Jahre lange hinter sich haben und deren größter Erfolg der Wurf zweier quengelnder Minimonster ist, die wie angekettet an den erschlafften Fortsätzen der Arme neben ihnen hergeschleift werden. Dazu kommen die betrunkenen älteren Herren, die einen aus 3 Metern Entfernung anhauchen und man trotzdem genau weiß, wie viel Glühwein die schon intus haben. Außerdem turnen noch die ganzen Paketjünger und Tütenträger dazwischen herum und stoßen an jeden an, der nicht schnell genug ausweichen kann und sind dann noch beleidigt oder sauer, wenn man sie einfach mal wegcheckt und dann grinsend weitergeht, wenn das Paket dann in der matschigen Pfütze liegt... Und man hat das Gefühl ALLE sind im Stress, weil sie eben da sind. Die Frage, die sich stellt ist, warum kommt ihr auf den Weihnachtsmarkt, wenn es euch stresst, warum tut ihr euch und vor allem mir das an, wenn es euch so sehr stört? Seid ihr wirklich so ignorant, dass ihr glaubt, weil es letztes Jahr schon überlaufen war, dass es dies Jahr, weil IHR da seid, nicht so ist...? Bestellt doch von zuhause, wenn euch das alles zu viel ist, das erspart euch und mir so viel Stress!
Ich mag Weihnachtsmärkte, nur die mittlerweile völlig übertriebene Zombifizierung der Massen, die komplett hirnlos von einem Laden in den anderen laufen und zwischendurch mit Alkohol ihren Shoppingfrust betäuben lassen mich zweifeln, ob es wirklich erstrebenswert ist, wieder mehr unter "Menschen" zu gehen...
Naja 22 to go!

12/01/2013

Ausgebrannt (Dezember 2007)

Ein schwelend Feuer
in dunkler Nacht
ein gleißend Licht
in Finsternis

Ein kurzer Krieg
von dreißig Tagen
und doch kein Sieg
nur tausend Fragen

Gefallen vom Himmel
aus Träumen erwacht
gestutzte Flügel
uns stark gemacht

Der Feind von allen
von nichts geliebt
in uns versunken
auf dass nichts mehr blieb

Ein helles Feuer
am letzten Tag
alles verbrannt
ein Massengrab

Halt unsre Asche
in meiner Hand
bis sie der Wind
verteilt aufs Land!