Während meiner Schulzeit hatte ich viel mit rebellischen Rich Kids zu tun – ihr wisst schon, diese Menschen, die mit elterlicher Kreditkarte in der Tasche und Systemkritik auf dem Walkman durch den Schulhof marschierten. Und ich meine das keineswegs zynisch: Ich bin diesen Leuten bis heute dankbar, weil sie mir Einblicke in eine Welt ermöglicht haben, die mir sonst vermutlich verschlossen geblieben wäre.
Musikalisch lief zu der Zeit vor allem US-Punkrock. Provozieren konnte man schon immer gut mit lauter Meinung und verzerrter Gitarre, und so liefen auf Partys im Elterlichen Keller, auf dem Pausenhof und auf den Walkmans: The Offspring, Blink-182, Green Day, Ramones – und eben Bad Religion.
Das Politische dieser Musik hab ich damals überhört. Mir gefiel einfach der Sound. Das Politisieren kam viel später. Faszinierend eigentlich, wie Musik – selbst Punk! – schon damals auf dem Schulhof von Faschos instrumentalisiert wurde, um ihre Agenda auf CDs unter die nach neuem Stoff gierenden Punks zu schmuggeln. Ironie der Geschichte: Die, die sich für den Systemsturz hielten, machten sich manchmal ungewollt zum Sprachrohr der Falschen.
Wir haben uns damals die Haare kurz geschoren sind auf den Reichstag und haben ein Bild abgegeben, wie eine Delegation der NPD und sobald wir wieder in der Jugendherberge waren, haben wir zu Punkmusik und Rechtsrock den Laden zerlegt. Krank irgendwie.
Bad Religion hätte ich 2012 am Ring live gesehen – dieser eine unsägliche Tag, an dem mir alles zu viel wurde und ich letztlich mit Nervenzusammenbruch auf der Couch landete, während andere sich durch das Gedränge zur Bühne kämpften. Ich sah sie dann im Fernsehen. War nicht dasselbe.
Heute ist meine Liebe zu ihnen merklich abgekühlt. Klar, wenn „Punk Rock Song“ läuft, singt man mit – aber das war’s dann auch. Es bleibt der Respekt vor dem Einfluss, die Erinnerung an die Schulzeit, und der stille Dank für eine Band, die mir damals eine Stimme gegeben hat, noch bevor ich wusste, was ich eigentlich sagen wollte.
Für alle, die mal reinhören möchten, gibt es hier, wie immer den Spotify-Link zur Band und für mehr Infos den last.fm-Link zur Band.
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