1. 2. Könige 2,23–24 – Die Bären und die Kinder
„Und er ging von dort nach Bethel. Und als er des Weges hinaufging, kamen kleine Knaben aus der Stadt und verspotteten ihn und sprachen zu ihm: ‚Komm herauf, du Kahlkopf!‘
Da wandte er sich um, verfluchte sie im Namen des HERRN.
Da kamen zwei Bären aus dem Wald und zerrissen zweiundvierzig von den Kindern.“
Kontext: Der Prophet Elisa wird verspottet. Die Szene ist drastisch – ob symbolisch oder historisch gelesen, sie bleibt schwer nachvollziehbar.
2. 5. Mose 21,18–21 – Steinigung des ungehorsamen Sohnes
(siehe oben) – Ein rebellischer Sohn soll vor der Stadt gesteinigt werden.
Diese Stelle ist ein Paradebeispiel für die strengen Rechtsvorschriften im alten Israel.
3. Richter 19 – Die verstümmelte Nebenfrau
Ein Mann gibt seine Nebenfrau einer gewalttätigen Menge zur Vergewaltigung.
Am nächsten Morgen ist sie tot. Er zerstückelt ihren Körper in zwölf Teile und schickt sie durchs Land.
Wortlaut (Auszug):
„Er zerlegte sie Glied für Glied in zwölf Stücke und sandte sie in alle Gebiete Israels.“ (Richter 19,29)
Diese Geschichte ist einer der düstersten und brutalsten Berichte in der Bibel.
4. Psalm 137,9 – Kinder gegen Felsen
„Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt
und sie am Felsen zerschmettert!“ (Psalm 137,9)
Kontext: Der Psalmist beklagt das babylonische Exil – in einer extremen Mischung aus Schmerz, Hass und Vergeltungsfantasie.
Diese Racheaussage ist poetisch – aber schwer zu ertragen.
5. 2. Mose 12,29 – Tötung der Erstgeborenen Ägyptens
„Und in der Mitte der Nacht schlug der HERR alle Erstgeburt im Lande Ägypten: vom Erstgeborenen des Pharao [...] bis zum Erstgeborenen des Viehs.“ (2. Mose 12,29)
Kontext: Die 10. Plage – Gottes Gericht über Ägypten.
Es ist ein Akt göttlichen Eingreifens zur Befreiung Israels, aber mit massivem Kollateralschaden.
🧠 Warum so viel Gewalt – und warum lässt Gott das zu, obwohl er allmächtig ist?
Das ist die klassische Theodizee-Frage:
Wenn Gott gut ist und allmächtig – warum gibt es dann so viel Leid, Bosheit und Gewalt (auch im Namen Gottes und von ihm ausgehend)?
🕊️ Mögliche theologische Erklärungen:
1. Freier Wille
Menschen sind frei, auch zum Bösen.
Gott will keine Roboter – er lässt Raum zur Entscheidung, sogar zum Fehlverhalten.
2. Erziehung statt Zwang
Die Bibel (besonders das Alte Testament) beschreibt einen Gott, der mit einem „halsstarrigen Volk“ ringt.
Die Strafen sollen aufrütteln, nicht vernichten – vergleichbar mit strenger Erziehung.
3. Die Texte sind menschlich gefärbt
Viele moderne Theologen sagen: Die Bibel ist Gottes Wort in Menschenwort – das heißt, es spiegelt auch die damalige Kultur und Mentalität wider.
Gewalt wird nicht immer gutgeheißen, sondern oft nüchtern berichtet, um zu zeigen, wie schlimm Dinge werden können, wenn Gott vergessen wird.
4. Apokalyptische Sprache
Viele der heftigsten Stellen sind symbolisch oder poetisch – Ausdruck extremer Emotion (wie Psalm 137), keine moralische Anleitung.
Zusammengefasst:
Die Bibel enthält teils grausame Szenen, weil sie das echte (und oft kaputte) Menschsein schildert.
Gott erscheint manchmal als strafend – aber im größeren Bogen der Bibel geht es immer wieder um Versöhnung, Neuanfang und Gnade.
Das Christentum sieht im Tod und der Auferstehung Jesu den Wendepunkt: Der Gott, der einst Gerichte brachte, trägt nun selbst das Leid, um Frieden zu ermöglichen.

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