4/22/2012

Wie schön ist doch das Leben?

Generell vermag ich diese Frage nicht positiv zu beantworten, denn Leben ist der stetig voranschreitende Weg vom Mutterleib in den Mutterboden oder in den Wind oder sonstwohin. Fakt ist, es ist vergänglich und mit jedem neuen Tag wird mir diese Tatsaache bewusster. Allerdings muss das nichts Schlechtes sein, bedenkt man einmal, dass es auch jeden Tag die Chance bietet eine andere Richtung zu nehmen, einen anderen Weg einzuschlagen, dir von einer auf die andere Minute klar machen kann, das Leben, dass du grade lebst ist viel geiler, als du es siehst mein Freund. Und so eine Erfahrung hat mich der gestrige Tag gelehrt.

Es war mal wieder so einer dieser typischen Tage, an denen ich wach werde und voller Elan in den Tag starten will und dann aber schnell merke, dass dies nicht mein Tag sein wird, weil ich mich direkt beim aus dem Bett torkeln schon fast auf die Fresse lege. Da hätte ich den Tag schon aufgeben sollen, aber das ist ja nun leider (manchmal ist es wirklich leider) nicht mein Stil. Also habe ich mich hereingekämpft und irgendwann so gegen Mittag, stieg dann auch langsam mal das Adrenalin bei mir. Immerhin würde ich heute Deutscher Meister und auf eine Feier voller wildfremder Menschen gehen, das klingt nach ziemlich heftigem Scheiss, für jemanden wie mich, der sich die letzten Monate vor allem mit sich selbst und in seiner eigenen Wohnung aufgehalten hat, weil er Menschenansammlungen generell und im Speziellen Feierlichkeiten meidet, aus Angst, er würde damit nicht fertig, was da an Eindrücken auf ihn einströmt.
Der wahre Grund ist eigentlich ein ganz anderer, ich traue mich eigentliich nicht mehr unter Menschen, weil ich nicht möchte, dass jemand meine Schwäche sieht, wie kaputt ich wirklich bin, ich habe verlernt der charmante Kerl zu sein, der früher immer auf jede Party kommen musste, weil sie ohne Ralf nicht komplett war. Und nicht nur das, der Raubbau an meinem Körper hat scheinbar wirklich großen und vor allem bleibenden Schaden hinterlassen. Anders ist es nicht zu... falsch, anders wäre es nicht zu erklären, dass ich gestern schon in voller Montur, aus der Tür war und im U-Bahnschacht kurz davor, die Bahn zu betreten um zu meinem Herz zu kommen plötzlich wie gelähmt war und begann zu zittern und kalter Schweiß ronn mir augenblicklich über die Stirn. Vermutlich bin ich auch ziemlich schlagartig kreidebleich geworden, weil noch ein netter Mensch meinte mir einen Schluck Bier anzubieten, weil ich so fertig aussah. Nun tja, ich konnte es nicht ändern. Zurück in die kleine ranzige Wohnung, aus der ich ja bald endlich ausziehe um in eine neue in der gleichen Wohngegend zu ziehen. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
Also musste ich meine Abendplanung ein wenig umschmeissen und erstmal eine Runde chillen, nicht wirklich leicht, wenn man mit Leib und Seele Fußballfan ist und die eigene Mannschaft gerade Meister wird. Naja ich hab mir was zu Essen gemacht und bin direkt nach dem Spiel dann los auf die Feier einer Freundin. Lustig, dieses Wort, Freundin geht mir relativ leicht über die Lippen obwohl wir eigentlich gar nicht so wirklich eng befreundet sind, dennoch habe ich manchmal das Gefühl, ich kenn sie schon ewig und weiß genau wie sie tickt. Verrückt sowas, naja es war eine Flucht ins Ungewisse für mich, da hinzugehen. Ich kannte dort niemanden, wusste nach dem Aussteigen aus der U-Bahn nicht mehr wo ich bin und hatte mir nicht die geringsten Gedanken gemacht, wie ich da irgendwann wieder weg komme.
Aber warum ist das Leben plötzlich schön? Ganz einfach, ich hatte heute Nacht das erste Mal seit bestimmt 5 Jahren das erste Mal das Gefühl, einfach loslassen zu können. Ich konnte tatsächlich Spaß haben. Daran waren nicht zuletzt die beiden netten jungen Damen schuld, an deren Tisch man mich gesetzt hat. Keine Ahnung, ob ich auf sie den gleichen Eindruck gemacht habe, wie sie auf mich, aber ich fand sie vom ersten Moment an sympathisch. "What a wicked game" Ihr kennt das sicher, wenn man neue Leute kennenlernt, nachdem man die Anfangsscheu überwunden hat, dass man langsam merkt, dass man irgendwo nen Draht hat. Kein Plan, vielleicht war es auch nur der Wodka, aber im Endeffekt hat mir die heutige Nacht eigentlich nur aufgezeigt, dass meine Abneigung Menschen gegenüber und überhaupt meine generelle Skepsis, allem Fremden und Neuen gegenüber Teil meiner Krankheit ist und eigentlich absolut irrational. Ich bin jetzt nicht geläutert und denke, dass der Himmel sich über mir rosa färbt, nur weil ich es geschafft hab nach einer Panikattacke noch auf eine Feier zu gehen und mich meinen Ängsten zu stellen, aber ich bin froh, dass so etwas wie Glück und nette Leute in mein Leben zurückkommen.

Der Pfad der Erneuerung ist dunkel und neblig, aber ich glaube, der Boden ist fest und ich gehe ihn ja jetzt noch nicht so lange, aber ich glaube ich bin auf dem richtigen Weg. Das war auch das Lustige an der Heimreise, ich hatte die meiste Zeit der Strecke im Nachtbus nicht die geringste Ahnung, wo ich eigentlich war. Irgendwann stieg ich dann um viertel vor 4 am Hauptbahnhof aus, wo es noch so voll war, wie normalerweise am Tag, mitten in der Nacht waren mehr Menschen unterwegs als zu mancher Rush-Hour. Fasziniert und begeistert torkelte ich angeheitert langsam nach Hause und war eigentlich recht froh, dass ich diesen nächtlichen Spaziergang noch hatte, dadurch bin ich sicher etwas nüchterner ins Bett gefallen. Heute morgen bin ich dann aufgewacht und habe gemerkt, dass ich scheinbar direkt ins Bett gegangen sein muss. Sogar meine Schuhe hatte ich noch an. :)

Aber auch nach dem heutigen Kater bin ich doch mittlerweile überzeugt, dass das Leben so verfickt lebenswert ist, dass jeder Tag, den ich bisher verschwendet habe einer zuviel war und damit jetzt endgültig Schluss sein muss. Boah ich laber schon wieder oder?

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