Im Dunkeln sitzen, sei nicht gut, ich finde das höchstgradig inspirierend, doch wem soll man das schon klar machen, wenn die Stromrechnung der Arbeitgeber zahlt und der Arbeitgeber das Krankenhaus ist.
Irgendwo in der Universitätsstadt Münster musste irgendwann einmal der schöne
Tag gewesen sein, an dem die sympathische Schwester Janina das Licht der Welt
erblickte, natürlich war sie nicht von Geburt an Schwester gewesen, es sei denn
ihre Eltern hätten schon vorher Nachwuchs gehabt, darüber ist an dieser Stelle
allerdings nichts Genaueres bekannt und es hat auch keine Bedeutung für ihren
Auftritt in der Geschichte, ihre schicksalhafte Begegnung mit dem gefallenen
und geläuterten Engel Alex, der schon ihrer ersten Begegnung eine gewisse
Bedeutung beimaß, ohne es überhaupt zu wissen.
Wenn man wie er, oft und gerne der Analyse von Menschen und Situationen frönt,
eine Detailverliebtheit besitzt, die beinahe krankhafte Züge hat und auch sonst
winzigste Kleinigkeiten zu Großartigkeiten aufzubauschen sucht, dann stellt man
bei ihr als erstes eine Besonderheit fest. Besonderheiten haben alle Menschen,
manche sind verborgen und andere sind offen für jeden sichtbar und doch
verborgen. Bei ihr war es eine akustische Eigenheit, ihr Lachen. Ja am Anfang
als die Stimmen auf der Station noch etwas fremd wirkten, war es das erste, das
sich Alex einprägte, eine ganz besondere Art zu lachen, eine Kombination aus
Keuchhusten und dem Unterdrücken eines explodierenden Losprusten. Vermutlich
würde eine Analyse etwas ergeben, das sie aus Höflichkeitsgründen oft lieber
nicht lachen sollte, allerdings immer wieder in die Situationen gelangt, in
denen sie unpassend dem Lachen verfallen würde. Nach außen machte sie
eigentlich eher einen soliden Eindruck, bodenständig und fokussiert, allerdings
gleichzeitig eine Frau, mit der man Pferde stehlen könnte, wenn es keiner
rausbekommen würde, Der Name, der „Schwester Rabiata“, den sie sich scherzhaft
selbst eines Abends gab, nachdem sie eine vollkommen schmerzfreie
Thrombosespritze bei Alex setzte, spricht eine ebenso deutliche Sprache, wie das
immerwährende verschmitzte Lächeln und der Glanz ihrer Augen, die den geneigten
Patienten in Verzückung versetzen und ihm jeden Tag ein wenig schöner werden
lassen.
Sicherlich ist es für sie ob ihrer Niedlichkeit nicht leicht gewesen, sich
selbst am Anfang ernst genommen zu fühlen, allerdings wird sie diese Problematik
schnell abgeschüttelt und sich damit abgefunden haben, dass sie jeden Tag Opfer
von männlichen Zuneigungsbekundungen sein kann. Aber die „Immer freundlich
lächeln“ Variante funktioniert bei Clowns, also sollte sie für sie auch an
Wirksamkeit nicht verlieren, Und wenn die Schicht dann vorbei ist, kann man ja
eh im Fahrstuhl nach unten fahren und irgendwo wieder den Kopf klar kriegen.
Ob sie wohl einen Freund hat? Ist so eine Frage überhaupt zulässig in der
Analyse einer helfenden Kraft des Gesundheitssektors. An dieser Stelle sollte
wohl auch unser Alex wieder in die Geschichte integriert werden. Immerhin geht
es ja die meiste Zeit vor allem um ihn und seine dämlichen Ideen davon, wie die
Geschichte eigentlich verläuft, Und während er sich überlegt, ob er noch einmal
losziehen soll, um den verdammten Süßigkeiten Automaten im vierten Stock zu
plündern träumt sich Janina an einen Ort, weit weg von dem ganzen
Klinikwahnsinn. Natürlich kann niemand außer ihr genau sagen, was sie denkt,
aber als Erzähler dieser ganzen Charakterisierung obliegt es meiner Macht sie
so anschaulich und authentisch, wie nur eben möglich zu skizzieren, ohne das
Geringste zu wissen. Die bloßen Anhaltspunkte sind ihre Besuche bei unseren
beiden Patienten aus Zimmer 229 und das über die Station wabernde unverkennbare
Gelächter so wie das feenhafte Lächeln, wenn sie über die Station schwebt.
Und diese Attribute müssen jetzt mit ein wenig menschlichem
Background angefüttert werden, den wir ja nicht kennen, da wir sie ja nur über
den Kontakt zu Alex wahrnehmen können, schwierig, ihr zu glauben, dass sie
keine Ahnung vom Bloggen und solcherlei Dingen hätte fiel Alex schon bei der
ersten Erwähnung seiner Bloggertätigkeit auf. Eigentlich hätte er direkt fragen
sollen, ob sie denn wenigstens ein Facebookprofil hätte, aber er wollte ja auch
nicht den Eindruck machen, dass er einer dieser notgeilen
Krankenschwesterfetischisten sei, auch wenn letzteres vielleicht doch zutreffen
könnte, wenn man mal so genau darüber nachdachte... Aber dafür ist das hier
nicht die richtige Stelle... „Schwester Rabiata“ ist vermutlich genau die Art
Mädchen, die man in der Schule schon nicht ansprechen konnte, weil sie zu cool
für einen waren, die beste Freundin, von der man irgendwie immer was wollte
aber nie aktiv wurde, weil sie eigentlich am Ende doch der bessere Kerl war.
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