Ich bin mir
gerade gar nicht sicher, woher das Märchen um Rübezahl, dem Herrn
der Berge stammt, ich vermute einfach mal, dass es sich um eine
tschechische Volksweise handelt, die dann zusammen mit den
Erzählungen von Yetis und Riesen zu einem bärtigen Giganten wurden,
der durch die Karpaten zieht und Wirtshäuser leer futtert. Ich denke
bei
Rübezahl irgendwie immer an eine der Verfilmungen, da gibt es
diese eine Szene, die mir in Erinnerung geblieben ist, Rübezahl
betritt ein völlig heruntergekommenes Wirtshaus irgendwo am Berghang
von „KeineAhnungWo“ und bestellt ein Rührei. Der Wirt knallt
zwei Eier in eine kleine Pfanne und hofft dem Giganten damit genüge
getan zu haben, der wird aber total wütend und in der nächsten
Einstellung sieht man ihn dann da sitzen, wie er eine komplette
Pfanne Rührei spachtelt, die so groß ist, wie vier
zusammengeschobene Tische. Fröhlich schmatzend und mit einer
lustigen Musik unterlegt sieht man einem Riesen beim Rühreiessen zu.
Und so was fand ich als Kind richtig klasse.Ich würde den Film
glaube ich gern mal mit den Augen von heute betrachten,
vermutlich würde ich aus dem Lachen nicht mehr herauskommen, auch
wenn viele dieser tschechisch, polnisch, vorzusammenbruchssowjetisch
produzierten Märchenfilme wirklich richtige Klassiker sind und von
einer Authentizität leben, die heutige Filme einfach nicht mehr
hinbekommen. Aber wieso eigentlich Rübezahl?
Eigentlich wollte
ich ja eine Parallele zum Weihnachtsmann herstellen bei unserem neuen
Zimmernachbarn, aber das fällt mir ob der offensichtlichen
Abgerissenheit und Verwahrlosung deutlich schwerer und die
Assoziation mit Rübezahl trifft von Kleidungsstil, Bewegungsabläufen
und Statur viel direkter den Punkt. Auch wenn der „Weihnachtsmann
vom Dach“, der gerade aus seinem Wald kommt auch das Potential
gehabt hätte dem Björnholm gerecht zu werden. Der Björnholm, das war
der neue auf unserem Zimmer, Manni und ich waren beide ein wenig
unsicher, denn er redete nicht mit uns, vermutlich hatte er
ernsthafte psychische Probleme. Dazu war er in einem wirklich
jämmerlichen körperlichen Zustand, bekam Besuch nur von einer
Sozialarbeiterin und schlief den ganzen Tag. Irgendwie war er eine
Mischung aus unheimlich und Pflegefall, aber man konnte ihm ja auch
nicht wirklich helfen. Er tat mir irgendwie leid, als er da so
niedergestreckt lag, wie ein gestutzter Riese auf den Brettern,
nachdem ihn ein vorlauter junger Kerl von den Beinen geholte hatte
mit irgend einem miesen Trick vermutlich, erinnern wir uns an das
Märchen von David und Goliath! Ich glaube irgendwie, dass ihm übel
mitgespielt wurde und er jetzt hier gelandet war, weil der Körper
sich mit verabschiedet hat, nachdem die Psyche nicht beachtet wurde.
Im Grunde so wie bei mir, ich weiß nicht, ich glaub ich brauch
dieses Gefühl der Sonderstellung einfach, das offen damit umgehen,
einen solchen Fehler begangen und bereut zu haben ist das Eine,
wirklich dahinter stehen zu können, dass es Teil der eigenen Vita
ist, Scheiße in Massen gestapelt zu haben ist eine ganz andere
Sache, ich glaube, dass die Bewusstwerdung mir noch bevor steht und
heute mit der 2. Dialyse ist dafür keine Zeit, es ist alles noch
viel zu neu und frisch und auch aufregend irgendwie. Klar ein wenig
Angst schwingt mit, aber die erste war ja auch schon höchst
erfolgreich und das wird ja jetzt nicht großartig schlimmer werden
können. Also ab dafür.
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