Die Morgencrew
aus dem Triumphirat der Schwestern flog umher und ich sollte die
Protagonistinnen der nächsten Tage und Wochen in meiner Geschichte
kennenlernen. Vermutlich waren es mehr, aber Drei von ihnen blieben
direkt in Erinnerung, Eliza, Paige und Amira (die Namen wurden geändert). Drei Krankenschwestern für
ein Halleluja. Und alle auf ihre Weise einzigartig. Wie Harpyien im
Blutrausch strömten sie in die Zimmer, stellten sich vor, nahmen
Blut und andere Proben und versuchten in möglichst kurzer Zeit
möglichst alle Aufgaben zu erfüllen, die ihnen der Klinikmorgen
vorschrieb. Ich weiß nicht, ob man mir schon wieder so starke
Medikamente verabreichte, denn irgendwie fand ich die Mädels zwar
interessant, aber es regte sich nicht im Geringsten etwas an meiner
Libido, vielleicht war ich auch noch zu sehr geschädigt und von
Unsicherheit meiner eigenen Zukunft verwirrt.

Das Hightlight des Tages war eindeutig das Frühstück, bei dem man
mir schon Wackelpudding auftischte, eigentlich hätte ich ahnen
können, dass das bloß der Prolog zu einer weiteren Runde
Unsicherheiten und Nachdenklichkeiten sein würde.
Zuckermessungen, Blutabnahmen, das ständige Meckern darüber, dass
ich mit kurzen Haaren vielleicht besser aussehen würde, ließen mich
auch endlich diese Entscheidung als Schritt nach vorne in ein neues
Leben planen. Die Angst davor, war mit Katheter im Hals entsprechend
groß, aber wenn man in der Klinik eine Friseurin hat, dann wird die
sich ja mit sowas auskennen, also nahm ich mir vor, die Haare am nächsten Tag mit einer weiteren Portion Vergangenheit der Ewigkeit
zu übereignen. Interessanterweise löste der Gedanke allein zum
Frisör zu gehen gar keine Angst aus, das mit den Ängsten war
sowieso komisch, die Spritzen, das Martern, die Qualen, das alles
empfand ich halb so schlimm, entweder ich war endlich erwachsen oder
irgendwas in meinem Gehirn machte mir klar, dass es notwendig sei,
das jetzt einfach über sich ergehen zu lassen und Jammern hätte ja
doch keinen Sinn, jedenfalls keinen Zielführenden.

Als ob, die Contenance habe ich bereits vor
Jahren verloren, nur das hat mich am Ende hier her gebracht, ich war
außer Kontrolle, das Karussell war zu schnell und ich habe keinen
Absprung gefunden, jetzt ist die Achse gebrochen und ich kann immer
noch nicht raus, oder vielleicht doch? Schlafen kann ich wenigstens
mal. Zwar sind die Betten hier mega ungemütlich aber ist ja kein
Kuraufenthalt. Im Schlaf muss ich mich nicht mit den dringenden
Fragen der Gegenwart befassen, ich bin immer noch auf dem verdammten
Karussell und es fliegt. Wie wird das alles enden, habe ich
eigentlich auch so etwas wie Freunde, die sich mal sorgen,wo ich
eigentlich stecke, nachdem ich mittlerweile den 3. Tag in Folge
keinerlei Lebenszeichen von mir gegeben habe. Einen Freund habe ich
jedenfalls endgültig abgeschrieben, die größte Niederlage meines
Lebens, aber erst in diesen Tagen der absoluten Verzweiflung wird
deutlich, auf wen man zählen kann. Mir war bewusst, dass es nicht
viele sein werden, die es erfahren, noch weniger, die es überhaupt
interessiert und eigentlich niemand, der helfen kann oder will.
Es
ist schon fast tragisch, dass ich so dumm war und mir tatsächlich
eingebildet hatte, dass sie sich ändern würde, diese verdammte
unerschütterliche Hoffnung, alles könne gut werden, ohne dass man
eingreift, auch dieser Trugschluss hat mich hier her gebracht, es
reicht nicht, sich einzureden, dass man etwas verändert, es reicht
nicht, wenn man so tut als wäre wieder alles gut und das Glück
würde schon wieder herkommen, wenn man nur lange genug mit dem Speck
vor seinem Gesicht herumwedelt, aber ansonsten in stillem abwartenden
Nichtstun verharrt. Und genau das war es, was sie immer getan hatte,
verharrt in der Erwartung, dass ich es schon auf die Reihe bekomme,
nicht einmal als ich ihre Hilfe erflehte nahm sie mich ernst genug,
um einen Teil von sich zu opfern. Es gab immer dieses Gefälle
zwischen uns, ich war immer der jenige der mehr gegeben hat, als er
durfte, um sich nicht selbst aufzugeben. Ich flog und lud mir ihr
Gewicht auf, IMMER, doch nie habe ich bemerkt, dass es niemals anders
herum war. Die Enttäuschung über diese Erkenntnis ist nicht mehr so
groß, da ich den Schlag schon vor Monaten ertrug und trotz der
Chance, die ich ihr gab, glaubte ich doch nie, dass sie es wirklich
vermochte sie wahrzunehmen. Vielleicht konnte sie es einfach nie und
ich habe ihr das aufgebürdet, doch gräm dich nicht Prinzessin, ich
vergebe dir, dass dir die Kraft fehlt, die Freundin zu sein, die ich
immer in dir sehen wollte, weil ich dich immer nur geliebt habe und
auch nie der Freund sein konnte, der ich sein wollte und den du
eigentlich gebraucht hättest. Die größte persönliche Niederlage,
solange habe ich sie als Ausrede genommen, mich gehen zu lassen und
den Wert von Freundschaften und Kontakten in Selbstaufopferung zu
messen und darin, wie viele Tränen das Fass bis zum Überlaufen
braucht, bevor es sich über den Rand ergießt. Es war unfair, es dir
auf zu bürgen, aber genauso war es wohl Teil der Depression, dich
nie losgelassen zu haben, das ist vielleicht das Einzige an der
Geschichte, was MIR leid tun könnte, fast den ganzen dreckigen Rest
unserer sogenannten Freundschaft hast du auf dem Gewissen, irgendwann
wirst du wissen, warum und ich werde es dir irgendwann genau so
verziehen haben, wie ich dir alles verzeihe. Doch bitte lass mich nun
in Ruhe und halte kein Trugbild aufrecht, dessen du dir nicht einmal
sicher bist, dass du es je sehen wolltest. Bye bye Baby!
.

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