Während die ganze Welt im Chaos versinkt und sich auf das große Fest der Liebe vorbereitet warte ich auf meine OP, die mir ein weiteres Leben ermöglichen würde... In frühester Morgenstunde werde ich von den lustigen Krankenfahrern zur Chirurgie gefahren und dort dann in eine Art Warteraum mit Bett gelegt, wo ich mir erstmals vorkomme, wie ein Stück Fleisch, dass auf Halde gelegt wird, bis man sich darum kümmern kann, obwohl so fühlte ich mich schon vorher oft, aber das ist ja eine andere Geschichte. Im Radio dudeln sie mal wieder die üblichen Weihnachtsklassiker und mir wäre fast ein wenig Kotze hochgekommen, wenn ich denn noch etwas im Magen hätte, aber da ich schon seit gestern Abend nichts gegessen hatte, war das wohl sehr schwierig... Also versuchte ich es zu ignorieren und wartete auf die OP, leider waren heute auch noch die Champions-League Auslosungen und das auch noch zum gänzlich ungünstigsten Zeitpunkt, wenn ich unterm Messer liegen soll... also musste ich die Annästhesisten dazu bringen mir direkt nach dem Aufwachen mitzuteilen, wer der Achtelfinalgegner des BVB ist. Die OP-Vorbereitungsfragen und mich aufzuregen war für mich halb so wild, genauso ungerührt ließ mich das Wiegen auf dem Schlachtbrett aus Stahl und die Erläuterungen, dass ich trotz der nur 45 Minuten dauernden OP durchaus dabei draufgehen könne... Halb so wild, wenn man aus dem Tal des Todes kommt oder? Nunja, dann mal los... Kick me out!!!
12/21/2012
12/20/2012
Zwanzig
So habe ich mich zwischenzeitlich auch gefühlt als ich das 5:1 unserer Truppe über Hannover miterlebte, in einer kleinen Abstellkammer auf meinem tragbaren Fernseher und voller Gefühlschaos, ob der anstehenden OP am morgigen Tag, auch wenn der Chirurg es schaffte mir ein wenig die Angst zu nehmen und die Zweifel an mir und meinem Überlebenssinn nahm. Die Entscheidung LEBEN zu wollen habe ich doch schon getroffen, also warum sollte ich mich jetzt noch schämen, jetzt dafür zu kämpfen?
Ich bin mir bewusst, dass es noch ein weiter Weg ist, bis ich wieder annähernd der bin, der ich einst war, aber wenigstens im Kopf hat sich wohl was getan bei mir, in wie weit es hilft, werden wir sehen... vielleicht sprechen auch bloß die Pillen aus mir... oder das Trauma, Glücksgefühle oder sonstwas... Das beschissenste am Pokalsieg heute ist die Auslosung der nächsten Runde, denn da gehts nach München, mit diesem Gedanken gehts dann mal ins Bett...
Ich bin mir bewusst, dass es noch ein weiter Weg ist, bis ich wieder annähernd der bin, der ich einst war, aber wenigstens im Kopf hat sich wohl was getan bei mir, in wie weit es hilft, werden wir sehen... vielleicht sprechen auch bloß die Pillen aus mir... oder das Trauma, Glücksgefühle oder sonstwas... Das beschissenste am Pokalsieg heute ist die Auslosung der nächsten Runde, denn da gehts nach München, mit diesem Gedanken gehts dann mal ins Bett...
12/19/2012
Neunzehn
Was für ein abgefuckter Tag ist das eigentlich, wenn einem endlich bewusst wird, dass man beinahe das wertvollste weggeschmissen hat, was man besaß, sein Leben? Das kann man bestimmt auch anders herum sehen, ich muss mich mit Zweifeln herum schlagen, warum ich es verdient hätte, weiter leben zu dürfen und gleichzeitig die Entscheidung treffen, WIE es denn weitergehen soll? Der Geburtstag einer verlorenen Liebe, eines geliebten Verlusts und der einzig verbliebenen Freude meines Lebens, des großen Sterns überm Ruhrgebiet... und dann auch noch Pokal gegen Hannover... das könnte ne enge Kiste werden... und morgen dann die OP?
Ich glaube langsam, dass die Mauern der Seele einzustürzen drohen und ich dem ganzen nicht mehr standhalte...
Ich bin heute viel umhergelaufen, dass ich den Kopf frei bekomme, aber im Grunde dreht es sich doch alles immer zurück zu der Schuld, die ich mir aufgeladen habe, warum nur, warum?
Und das erwartet mich dann demnächst, na super... bis zum Lebensende oder Transplantation? Scheisse aber wer leben will, der kann nur so entscheiden, oh Mann, wie ich mir das hätte ersparen können... :(
12/18/2012
Achtzehn
Kaputt ist auch ein gutes Wort, um den gewaltigen Björnholm zu beschreiben, der auch heute den kompletten Tag außer Schlafen und ab und zu mal verwirrt aufwachen nichts getan hat, Manni war den Großteil des Tages unterwegs und nicht zu sehen, so wie ich auch für meinen Teil, denn was soll man schon machen, ich könnte natürlich grübeln und mir einen Kopf machen, aber ich war viel zu happy, dass ich keine Angst mehr hatte mich in "unbekanntem" Terrain zu bewegen und nutzte diese Tatsache so oft ich konnte. Außer den bescheuerten Zugängen hielt mich ja nichts wirklich auf und so erkundigte ich die unteren Stockwerke des Gebäudes, die ich in den letzten Tagen ja nur in liegender Position gesehen hatte und wurde sogar teilweise wieder erkannt und gegrüßt. Merkwürdig, ich fühl mich eigentlich gar nicht so, als würde ich krepieren, wenn ich nicht regelmäßig dialysiere, eigentlich fühl ich mich fit, ich könnte wieder gehn, wenns nach mir ginge...
Aber da gab es ja noch genug Gründe, warum das nicht passieren sollte, zum Beispiel würde ich vermutlich nicht einen Tag überleben ohne die Dröhnungen, die man mir hier verpasst und vor allem wäre ich vermutlich wesentlich schneller wieder hier, als ich mir vorstellen kann... Also verbringe ich meine Zeit lieber damit mich von meinem alten Leben zu verabschieden, denn das hab ich ja schließlich auch erfolgreich ausgelöscht, kann man das so sagen?
Ich weiß es auch nicht, morgen is erstmal Fußball!!! Und ich sollte eigentlich in der Kurve stehen und stattdessen hänge ich hier rum und hoffe, dass mein Zimmernachbar mich an seinem Sky-Paket teilhaben lässt und ich bei ihm mitgucken kann :D Obwohl ich glaube der BVB wird sogar im Free-TV übertragen! Naja erstmal pennen!!!
12/17/2012
Siebzehn
Ich bin mir
gerade gar nicht sicher, woher das Märchen um Rübezahl, dem Herrn
der Berge stammt, ich vermute einfach mal, dass es sich um eine
tschechische Volksweise handelt, die dann zusammen mit den
Erzählungen von Yetis und Riesen zu einem bärtigen Giganten wurden,
der durch die Karpaten zieht und Wirtshäuser leer futtert. Ich denke
bei Rübezahl irgendwie immer an eine der Verfilmungen, da gibt es
diese eine Szene, die mir in Erinnerung geblieben ist, Rübezahl
betritt ein völlig heruntergekommenes Wirtshaus irgendwo am Berghang
von „KeineAhnungWo“ und bestellt ein Rührei. Der Wirt knallt
zwei Eier in eine kleine Pfanne und hofft dem Giganten damit genüge
getan zu haben, der wird aber total wütend und in der nächsten
Einstellung sieht man ihn dann da sitzen, wie er eine komplette
Pfanne Rührei spachtelt, die so groß ist, wie vier
zusammengeschobene Tische. Fröhlich schmatzend und mit einer
lustigen Musik unterlegt sieht man einem Riesen beim Rühreiessen zu.
Und so was fand ich als Kind richtig klasse.Ich würde den Film
glaube ich gern mal mit den Augen von heute betrachten,
vermutlich würde ich aus dem Lachen nicht mehr herauskommen, auch
wenn viele dieser tschechisch, polnisch, vorzusammenbruchssowjetisch
produzierten Märchenfilme wirklich richtige Klassiker sind und von
einer Authentizität leben, die heutige Filme einfach nicht mehr
hinbekommen. Aber wieso eigentlich Rübezahl?
Besucht ruhig mal den Blog hier... |
12/16/2012
Sechzehn
Der blaue Herr E. muss uns heute verlassen, was für ein Verlust. Nicht wirklich,
aber ich hatte mich daran gewöhnt, wie verwirrt er sich immer
ausdrückte und ständig in der Zeitung irgendwelche Schalke-Artikel
suchte und dann darüber schwadronierte, seine Schwerhörigkeit war
extrem anstrengend aber auch praktisch, da man so des Nachts
wenigstens nicht allzu leise sein musste, aber eigentlich war er
schon ein echt netter Kerl, wir (Manni und meine Wenigkeit) werden
ihn sicher vermissen, wieder eine Unterhaltungsquelle weniger, die
den tristen Alltag erträglich macht. Neben einigen sinnlosen
Untersuchungen unter anderem der eines Ultraschalls der Schilddrüse
war am heutigen Tag nicht wirklich viel los gewesen und so nutzte ich
die Chance meine Haarpracht den Gegebenheiten anzupassen und sie
kürzen zu lassen. Dabei lernte ich die interessante Friseurin aus
dem vierten Stock kennen, deren Musikgeschmack ich als gelinde
fragwürdig beschreiben mag. Einerseits auf Rammstein abfahren, aber
dennoch von einem Silbermond Konzert schwärmen, von dem sie noch
nicht einmal wirklich begeistert war. Lustigerweise habe ich dieser
Frau die Rockstar Geschichte erzählt, quasi die Geschichte einer
meiner Persönlichkeiten (als Mischung aus Chesney Little und dem nur kurz aufgetretenen James Jeans) und nicht meine eigene, aber ich denke das
ist völlig in Ordnung, immerhin ist ja auch ein großer Teil davon
wahr, dass ich einst Bandleader war und die Geschichte von Aufstieg
und Fall, Drogen und Exzessen sind ja auch eine Seite der Wahrheit,
die mich schlussendlich hier her gebracht haben. Wie gut das Reden
doch tut, auch wenn vieles eine etwas andere Darstellung der Realität
durchmachte, irgendwie ist mir die reine Wahrheit in einer solchen
Situation dann doch zu schäbig und vor allem wollte ich nicht
mittags um 12 heulend zusammenbrechen beim Frisör, es sollte ja nach
vorne gehen, ich habe einfach die künstlerische Freiheit genutzt und
aus einer deprimierenden Story eine krass interessante gemacht.
Diese
indische Prinzessin, Wahnsinn, die ist doch tatsächlich eine Ärztin
der Nephrologie hier, ich dachte eigentlich wirklich, dass sie nur
zur verrückt bizarren Zwischenwelt gehörte, die ich auf meinem
Dead-Walk in der Notaufnahme zu meiner Beruhigung erschaffen hatte,
aufrecht gehalten durch den Daueradrenalinschub, aber nein sie machte
auch die Schilddrüsenuntersuchung, vom Fleck weg hätte ich sie
genommen, aber stattdessen habe ich sie bloß angeschmachtet und ich
befürchte fast, dass sie das sogar mitbekam...
Aber egal, ich bin krank! Und sie ist meine Ärztin, klar habe ich mir auch eingebildet, dass irgendwas von ihr zurückkam, aber vermutlich war es nur eine Mischung aus Mitleid und Unverständnis, wie ich mit dem, was ich mir angetan hab noch so happy sein konnte und einfach alles irgendwie leicht zu nehmen schien. Ob sie mir wohl geglaubt hätte, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt hätte, dass es sich dabei bloß um eine besonders ausgeklügelte Form des Überlebensinstinkts mit Selbstbetrug handelte? Vermutlich nicht! Ich glaube, dass sie wirklich nicht genau wusste, wie sie mich einzuschätzen hatte und das sorgte für diese besondere Spannung zwischen uns, die ich als prickelnd und sie vermutlich als irgendwie unangenehm empfand.
Aber egal, ich bin krank! Und sie ist meine Ärztin, klar habe ich mir auch eingebildet, dass irgendwas von ihr zurückkam, aber vermutlich war es nur eine Mischung aus Mitleid und Unverständnis, wie ich mit dem, was ich mir angetan hab noch so happy sein konnte und einfach alles irgendwie leicht zu nehmen schien. Ob sie mir wohl geglaubt hätte, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt hätte, dass es sich dabei bloß um eine besonders ausgeklügelte Form des Überlebensinstinkts mit Selbstbetrug handelte? Vermutlich nicht! Ich glaube, dass sie wirklich nicht genau wusste, wie sie mich einzuschätzen hatte und das sorgte für diese besondere Spannung zwischen uns, die ich als prickelnd und sie vermutlich als irgendwie unangenehm empfand.
12/15/2012
Fünfzehn
Die Morgencrew
aus dem Triumphirat der Schwestern flog umher und ich sollte die
Protagonistinnen der nächsten Tage und Wochen in meiner Geschichte
kennenlernen. Vermutlich waren es mehr, aber Drei von ihnen blieben
direkt in Erinnerung, Eliza, Paige und Amira (die Namen wurden geändert). Drei Krankenschwestern für
ein Halleluja. Und alle auf ihre Weise einzigartig. Wie Harpyien im
Blutrausch strömten sie in die Zimmer, stellten sich vor, nahmen
Blut und andere Proben und versuchten in möglichst kurzer Zeit
möglichst alle Aufgaben zu erfüllen, die ihnen der Klinikmorgen
vorschrieb. Ich weiß nicht, ob man mir schon wieder so starke
Medikamente verabreichte, denn irgendwie fand ich die Mädels zwar
interessant, aber es regte sich nicht im Geringsten etwas an meiner
Libido, vielleicht war ich auch noch zu sehr geschädigt und von
Unsicherheit meiner eigenen Zukunft verwirrt.
Herr E. jedenfalls
versuchte direkt sein Glück und holte sich die Sicherheitskelle von Eliza, der Dominatrix mit Herz. Ich hätte aber ehrlich auch keine
Lust mich von einem 75 Jährigen Knacker "Schätzchen" nennen zu lassen
und die Reaktion ihm direkt mal ne schmerzhafte Spritze zu setzen war
schon ein Statement, mit dem sie sich Respekt verschafft hätte. Ich
bin mir nicht sicher, ob das wirklich geschehen ist, vermutlich nicht
und es ist bloß Auswuchs meiner Phantasie, die sich genau so eine
Situation gewünscht hätte, vielleicht zur persönlichen
Unterhaltung oder einfach nur um nicht darüber nachdenken zu müssen,
wie weit ich mich selbst an den Abgrund gebracht hatte, dieses Mal.
Das Hightlight des Tages war eindeutig das Frühstück, bei dem man
mir schon Wackelpudding auftischte, eigentlich hätte ich ahnen
können, dass das bloß der Prolog zu einer weiteren Runde
Unsicherheiten und Nachdenklichkeiten sein würde.
Zuckermessungen, Blutabnahmen, das ständige Meckern darüber, dass
ich mit kurzen Haaren vielleicht besser aussehen würde, ließen mich
auch endlich diese Entscheidung als Schritt nach vorne in ein neues
Leben planen. Die Angst davor, war mit Katheter im Hals entsprechend
groß, aber wenn man in der Klinik eine Friseurin hat, dann wird die
sich ja mit sowas auskennen, also nahm ich mir vor, die Haare am nächsten Tag mit einer weiteren Portion Vergangenheit der Ewigkeit
zu übereignen. Interessanterweise löste der Gedanke allein zum
Frisör zu gehen gar keine Angst aus, das mit den Ängsten war
sowieso komisch, die Spritzen, das Martern, die Qualen, das alles
empfand ich halb so schlimm, entweder ich war endlich erwachsen oder
irgendwas in meinem Gehirn machte mir klar, dass es notwendig sei,
das jetzt einfach über sich ergehen zu lassen und Jammern hätte ja
doch keinen Sinn, jedenfalls keinen Zielführenden.
Immer wieder an
diesem Tag sah ich Weißkittel, die sich aber vor allem mit meinen
Zimmernachbarn beschäftigten, ich fühlte mich doch sehr auf dem
Abstellgleis, als wäre ich zerschellt und niemand interessiert sich
für die Scherben meiner Seele, die überall herumlagen und
eigentlich auch für alle offen sichtbar. Bis auf Manni, den Herrn
D., der fragte sogar ab und an mal nach, wie es mir geht, ein
echter Gentleman, alte Schule, toller Kerl. Jede freie Minute nutzte
er, um in eines der anderen unteren Stockwerke zu fahren und dort
spazieren zu gehen, vermutlich, weil er das Eingesperrtsein auf
Station genauso frustrierend empfand, wie ich. Er war mir eine recht
große Stütze, obwohl er gar nicht wirklich viel tat, aber es war
als würde es ihm nicht egal sein. Wie so eine Art Mentor aus
Verantwortung oder so. Vor allem an diesem Tag war ich ihm so
dankbar, denn irgendwie schien sich mein Aufenthalt zuspitzen zu
sollen, Gerede von einer OP und vorwurfsvolles Gerede wurden laut.
Meine Eltern waren mit der Situation längst gnadenlos überfordert
und hatten die letzten Enden ihrer inneren Ruhe verloren, rasteten
aus, waren keine Hilfe mehr in diesem Zustand, es würde mir ganz
alleine obliegen, diesen Karren aus dem Dreck zu ziehen. Ich bin
nicht sicher, ob ich dazu in der Lage bin, ich bin derzeit überhaupt
mit gar nichts sicher, das ist das Münster-Trauma, ich verliere hier
einfach die Contenance.
Als ob, die Contenance habe ich bereits vor
Jahren verloren, nur das hat mich am Ende hier her gebracht, ich war
außer Kontrolle, das Karussell war zu schnell und ich habe keinen
Absprung gefunden, jetzt ist die Achse gebrochen und ich kann immer
noch nicht raus, oder vielleicht doch? Schlafen kann ich wenigstens
mal. Zwar sind die Betten hier mega ungemütlich aber ist ja kein
Kuraufenthalt. Im Schlaf muss ich mich nicht mit den dringenden
Fragen der Gegenwart befassen, ich bin immer noch auf dem verdammten
Karussell und es fliegt. Wie wird das alles enden, habe ich
eigentlich auch so etwas wie Freunde, die sich mal sorgen,wo ich
eigentlich stecke, nachdem ich mittlerweile den 3. Tag in Folge
keinerlei Lebenszeichen von mir gegeben habe. Einen Freund habe ich
jedenfalls endgültig abgeschrieben, die größte Niederlage meines
Lebens, aber erst in diesen Tagen der absoluten Verzweiflung wird
deutlich, auf wen man zählen kann. Mir war bewusst, dass es nicht
viele sein werden, die es erfahren, noch weniger, die es überhaupt
interessiert und eigentlich niemand, der helfen kann oder will.
Es ist schon fast tragisch, dass ich so dumm war und mir tatsächlich eingebildet hatte, dass sie sich ändern würde, diese verdammte unerschütterliche Hoffnung, alles könne gut werden, ohne dass man eingreift, auch dieser Trugschluss hat mich hier her gebracht, es reicht nicht, sich einzureden, dass man etwas verändert, es reicht nicht, wenn man so tut als wäre wieder alles gut und das Glück würde schon wieder herkommen, wenn man nur lange genug mit dem Speck vor seinem Gesicht herumwedelt, aber ansonsten in stillem abwartenden Nichtstun verharrt. Und genau das war es, was sie immer getan hatte, verharrt in der Erwartung, dass ich es schon auf die Reihe bekomme, nicht einmal als ich ihre Hilfe erflehte nahm sie mich ernst genug, um einen Teil von sich zu opfern. Es gab immer dieses Gefälle zwischen uns, ich war immer der jenige der mehr gegeben hat, als er durfte, um sich nicht selbst aufzugeben. Ich flog und lud mir ihr Gewicht auf, IMMER, doch nie habe ich bemerkt, dass es niemals anders herum war. Die Enttäuschung über diese Erkenntnis ist nicht mehr so groß, da ich den Schlag schon vor Monaten ertrug und trotz der Chance, die ich ihr gab, glaubte ich doch nie, dass sie es wirklich vermochte sie wahrzunehmen. Vielleicht konnte sie es einfach nie und ich habe ihr das aufgebürdet, doch gräm dich nicht Prinzessin, ich vergebe dir, dass dir die Kraft fehlt, die Freundin zu sein, die ich immer in dir sehen wollte, weil ich dich immer nur geliebt habe und auch nie der Freund sein konnte, der ich sein wollte und den du eigentlich gebraucht hättest. Die größte persönliche Niederlage, solange habe ich sie als Ausrede genommen, mich gehen zu lassen und den Wert von Freundschaften und Kontakten in Selbstaufopferung zu messen und darin, wie viele Tränen das Fass bis zum Überlaufen braucht, bevor es sich über den Rand ergießt. Es war unfair, es dir auf zu bürgen, aber genauso war es wohl Teil der Depression, dich nie losgelassen zu haben, das ist vielleicht das Einzige an der Geschichte, was MIR leid tun könnte, fast den ganzen dreckigen Rest unserer sogenannten Freundschaft hast du auf dem Gewissen, irgendwann wirst du wissen, warum und ich werde es dir irgendwann genau so verziehen haben, wie ich dir alles verzeihe. Doch bitte lass mich nun in Ruhe und halte kein Trugbild aufrecht, dessen du dir nicht einmal sicher bist, dass du es je sehen wolltest. Bye bye Baby!
.
Es ist schon fast tragisch, dass ich so dumm war und mir tatsächlich eingebildet hatte, dass sie sich ändern würde, diese verdammte unerschütterliche Hoffnung, alles könne gut werden, ohne dass man eingreift, auch dieser Trugschluss hat mich hier her gebracht, es reicht nicht, sich einzureden, dass man etwas verändert, es reicht nicht, wenn man so tut als wäre wieder alles gut und das Glück würde schon wieder herkommen, wenn man nur lange genug mit dem Speck vor seinem Gesicht herumwedelt, aber ansonsten in stillem abwartenden Nichtstun verharrt. Und genau das war es, was sie immer getan hatte, verharrt in der Erwartung, dass ich es schon auf die Reihe bekomme, nicht einmal als ich ihre Hilfe erflehte nahm sie mich ernst genug, um einen Teil von sich zu opfern. Es gab immer dieses Gefälle zwischen uns, ich war immer der jenige der mehr gegeben hat, als er durfte, um sich nicht selbst aufzugeben. Ich flog und lud mir ihr Gewicht auf, IMMER, doch nie habe ich bemerkt, dass es niemals anders herum war. Die Enttäuschung über diese Erkenntnis ist nicht mehr so groß, da ich den Schlag schon vor Monaten ertrug und trotz der Chance, die ich ihr gab, glaubte ich doch nie, dass sie es wirklich vermochte sie wahrzunehmen. Vielleicht konnte sie es einfach nie und ich habe ihr das aufgebürdet, doch gräm dich nicht Prinzessin, ich vergebe dir, dass dir die Kraft fehlt, die Freundin zu sein, die ich immer in dir sehen wollte, weil ich dich immer nur geliebt habe und auch nie der Freund sein konnte, der ich sein wollte und den du eigentlich gebraucht hättest. Die größte persönliche Niederlage, solange habe ich sie als Ausrede genommen, mich gehen zu lassen und den Wert von Freundschaften und Kontakten in Selbstaufopferung zu messen und darin, wie viele Tränen das Fass bis zum Überlaufen braucht, bevor es sich über den Rand ergießt. Es war unfair, es dir auf zu bürgen, aber genauso war es wohl Teil der Depression, dich nie losgelassen zu haben, das ist vielleicht das Einzige an der Geschichte, was MIR leid tun könnte, fast den ganzen dreckigen Rest unserer sogenannten Freundschaft hast du auf dem Gewissen, irgendwann wirst du wissen, warum und ich werde es dir irgendwann genau so verziehen haben, wie ich dir alles verzeihe. Doch bitte lass mich nun in Ruhe und halte kein Trugbild aufrecht, dessen du dir nicht einmal sicher bist, dass du es je sehen wolltest. Bye bye Baby!
12/14/2012
Vierzehn
Die Nacht hatte noch Überraschungen zu
bieten, denn so gegen halb 12 oder auch eine Stunde später, das
spielt hier nicht so eine Rolle wurde ich dann tatsächlich noch von
der ITS auf Normalstation verlegt. Rasant war auch dieser Transport,
auf dem Weg durch den Lastenaufzug Richtung 13 (welch ein Omen) und
auf dem Weg noch einen kleinen Abstecher in der Röntgenabteilung auf
Station 3. Und oh Schock, in genau dem Moment als der blonde Engel
die Tür öffnete war mir wieder klar, wie schön doch das
Nachtpersonal auch hier ist. Warum verstecken sich solch holde Maiden
in der Dunkelheit? Vermutlich genau wegen solcher Spinner wie mir,
die trotz ihres kaputten Zustandes keine Gelegenheit auslassen die
jungen Schönen anzugraben... eigentlich tu ich das ja NUR in diesem
bemitleidenswerten Zustand und je gesünder ich werde, desto mehr
schwindet der Charme und vor allem mein Mut. Im Ernst, die meisten
der Frauen hier würde ich im normalen Leben nicht einmal anlächeln
können, aus der Angst vor Zurückweisung. Das
bringt uns dann auch zurück zur „Tour de Hospital“. Ich kann mir
kaum etwas spannenderes vorstellen als mitten in der Nacht mit einem
Bremen-Fan in Baseballjacke durch das ausgestorbene Klinikum zu
brettern. Und weil das alleine ja nicht richtig kickt machten wir das
Ganze auf einer Notfallliege und in höchstem Tempo. Das Krankenhaus
macht bei Nacht wirklich Spaß und bis auf die Schmerzen, woher auch
immer sie kommen mochten fühlte ich mich eigentlich recht gut. Mir
schwebte immer noch die (ich möchte das Wort „Schön“ nicht zu
sehr überstrapazieren) schöne indische Prinzessin im Kopf herum. Oh
weh, ich übertreibe schon wieder, sorry nein ich übertreibe nicht,
nur was das indisch angehaucht angeht, da bin ich mir nicht sicher,
aber eine Prinzessin könnte sie schon sein. Genau das sind doch die
Begegnungen, die einem in Erinnerung bleiben, auch nach der
„qualvollen“ Zeit der Entbehrungen in der Klinik. Und mit
Entbehrungen meine ich vor allem die körperlichen, der Verzicht auf
Beischlaf, gutes Essen, andere Genussmittel. Das Motto heißt wohl,
„Nur gucken, nicht anfassen!“ Und ich denke schon wieder nur an
die Frauen...
Und das obwohl
ich noch in dieser Nacht mein Zimmer mit den beiden netten Herren
E. und D. beziehen sollte. Der Herr E., ein echtes
Original, blau aus familiärer Tradition, aber sonst auch keine Scheu
sich daneben zu benehmen... Und mit blau meine ich Scheisse am Schuh
und keine alkoholinduzierten Probleme, die ja in einem Krankenhaus
durchaus mal vorkommen können. Der wahrscheinlich größte Mangel
von Herrn E. war seine Schwerhörigkeit, aber wer will einem 75
Jährigen, den ich auf Mitte 60 getippt hatte eine solche
Gebrechlichkeit auch übel nehmen, da ist das „blau“ sein mir
und dem Zimmermitling aus schwarz gelbem Lager doch deutlich
unangenehmer. Denn obwohl auch dieser mit 72 schon jenseits der
Altherrengrenze der Jugendmannschaften ist, wirkt er um einiges
frischer und mobiler. Ehrlich gesagt, als ich nachts erstmals ins
Zimmer kam, hatte ich vor dem wirklich einen Moment Angst, wie das
kalte Mondlicht so ins Zimmer rein schien und sein Gesicht einer
Fratze gleich den Anschein eines Serienkillers machte. Doch direkt am
nächsten Morgen stellte sich beim Frühstück heraus, dass er das
Herz am rechten Fleck hängen hat, als die große Tauscherei der von
der Küche falsch zugeteilten Lebensmittel begann... Beinahe wie im
Krieg wurde da Margarine gegen Schmelzkäse getauscht und Wurst
wechselte für ein Päckchen Brombeermarmelade den Besitzer. Das Brot
war, nun ja ich bekam erst einmal nichts herein, ich mochte es nicht.
Aber ich bin ja nun auch nicht als der große Frühstücksjunkie
bekannt, wenn man mal in die Vergangenheit blickt.
Das Leid der
Begierde sollte sich jedoch bald über mich legen, schon nach kurzer
Zeit erinnerte ich mich an alles von früher, die Blutabnahmen, das
ständige bereit sein für die nächste Hiobsbotschaft und das alles
immer präsentiert von den kleinen Zauberfeen im weißen Kittel,
meinen ach so geliebten Krankenschwestern.
Der
Eingewöhnungstag verlief so wie ich ihn mir dachte, ruhig und
distanziert, ich musste erst einmal klar kommen wieder hier zu sein
und das für unbestimmte Zeit, doch voller Hoffnung auf ein gutes
Ende... Neben Blutabnahmen und dem quälenden Gefühl von Schmerzen
und Selbstvorwürfen, die mich ja hier her gebracht hatten und einer
gehörigen Portion Angst wieder allein in Münster zu sein, ließ ich
mich doch deutlich einschüchtern und außerdem lag ich plötzlich
nach fast 2 Jahren der Einsamkeit wieder mit Menschen in einem Raum,
fremden Menschen, die ich nicht direkt als das einschätzen konnte,
was sie waren, Gefangene im gleichen Albtraum, aber eben schon
wesentlich abgewichster als meiner Einer, ich wusste ja eigentlich
bloß, dass ich nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebte, aber mehr
sollte sich erst wesentlich später klären. Also war ich hier vor
allem erst einmal unter Beobachtung und konnte als Testpatient für
wütende Stich und Messattacken missbraucht werden. Scheinbar wusste
man wirklich nicht so ganz, was mich so kaputt gemacht hatte, aber
ich hab doch davon erzählt, was ich gemacht habe, gebt mir doch
einfach meine Pillen wieder und peppelt mich wieder auf, lasst mich
gehen und alles ist wieder gut. Von wegen, das hier ist Münster,
erst mal ein wenig herum eiern, das gehörte schon immer zum guten
Ton in diesen Hallen.
12/13/2012
Dreizehn
Das Krankenhaus ist eine Art Heimat
geworden, das jenige in Münster allerdings, in gewisser Weise fühlt
sich die erneute Einlieferung an, als würde man nach langer Zeit
heim kommen. Alles wirkt so bekannt und vertraut und doch ist die
Situation in der Notaufnahme anzukommen und als lebensbedrohlich
eingestuft zu sein eine neue Erfahrung auf die ich auch hätte
verzichten können wenn man mal ganz ehrlich ist. Seit knapp 15
Stunden meckert man mich jedes Mal an, wenn ich wieder aufstehen
will. Es ist so, dass man mich wohl lieber im Liegen haben will, wer
weiß schon, welchen Sinn DAS macht, vermutlich irgendwas mit der
Versicherung.
Bünde, Westfalen
Was war denn eigentlich passiert? Nun
ja, ich habe im Laufe der letzten Nacht entschieden, dass es so wie
bisher nicht weitergehen konnte.... so gebrechlich und komplett neben
der Spur, wie ich schon wieder seit knapp einer Woche bin. Also
dachte ich, es wäre doch schlau, sich mal beim Hausarzt sehen zu
lassen. Nun ja, wenn man mal ganz ehrlich ist, dann war das schon
recht gewagt, denn ich war mir nicht sicher, ob ich diesen Weg
überleben würde, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Atmen fiel so
schwer, dass mein Herz darauf reagierte und pumpte, wie ein
Speedmetaldrummer auf Koks. Nachdem der Herr Doktor mich etwas
beruhigte und mich direkt an die Klinik überwies, war mir schon
recht klar, dass es ernst war, sehr ernst. Also ging es direkt zur
Notaufnahme des Bünder Lukas Krankenhauses, wo man mich dann erstmal
mit akuten Lungen und Herzproblemen eine satte Stunde ins Wartezimmer
setzte, ins vollbesetzte, was in Anbetracht der Angst vor Enge und
Menschen ebenfalls eine ernste Situation heraufbeschwor und sich im
Anschluss bei der Untersuchung als Hauptursache eines extrem hohen
Blutdrucks zeigen sollte. Tachikard war ich ja noch dazu und Luft
bekam ich schon nicht, da babbelt mich der behandelnde Arzt auch noch
zu, dass er meinen Bruder kennt und ihn für mich hält und solche
Späße... ich weiß ehrlich nicht, ob ich so etwas wirklich witzig
finde, während mein Lebenslicht bedroht ist auszugehen. Eine
deutlich übergewichtige Ärztin gafft mich an, plappert mit einer
merkwürdig erregten Stimme auf mich ein und redet immer wieder von
einer Darmuntersuchung, bis sie mir voller Wollust ihren Finger in
den Po schieben darf und feststellen muss, dass ich ja doch nicht aus
dem Hintern blute, wie ich es gesagt hatte bei der Anamnese, aber die
alte House-Regel, dass jeder Mensch lügt scheint in Ärztekreisen
wirklich kein Mythos zu sein und deutlich wichtiger als man denkt. Denn eigentlich überprüfen diese Kasper alles, was man so sagt
doppelt nach, warum auch dem Patienten glauben, der hat den Scheiss
schließlich nicht studiert und ist nicht der Experte. Während ich
da so lag und entkleidet wurde, den Sinn dahinter habe ich immer noch
nicht begriffen wurde mir wieder klar, dass unsere Helden in Weiß
manchmal doch deutlich von sich überzeugter sind, als es ihnen gut
tut, aber dafür retten sie Leben, ich befürchte da bleibt eine
gewisse Überheblichkeit gar nicht aus.
Münster
Ankunft so gegen 14:30 im RTW und das
Ganze nach einer Fahrt durch die erste größere Schneehölle des
Jahres, auf der Fahrt war ich die meiste Zeit einfach nur ängstlich
ob des jungen Notarztes neben mir, der sich vor seiner Kollegin
peinlicherweise mit einem Samsung Galaxy S3 zu profilieren versuchte... Wäre ich
nicht mit dem Versuch des Überlebenskampfes beschäftigt gewesen,
hätte ich mich vermutlich mit irgendeinem blöden Spruch unbeliebt
gemacht. Stattdessen versuchte ich vor allem nicht an Worte wie
Autounfall, Statistiken zum Thema Verkehrstote, Erfrieren,
Herzversagen und anderes zu denken... und irgendwie meine verdammte
Atmung in den Griff zu bekommen. Nebenbei fragte dieser junge Notarzt
immer wieder irgendwelche Dinge über Blut im Stuhl und andere
bizarre Dinge, die zu beantworten mir ob der akuten Atemnot extrem
schwer fielen und das obwohl ich schon Sauerstoff zugeführt bekam.
Alles in allem kam mir die Stunde Fahrt vor wie im Flug und
vielleicht war es sogar besser, dass ich kaum etwas von dem Wetter
sehen konnte, welches dort auf der anderen Seite der dreckigen
Scheiben des Krankenwagens wütete.
Das Umladen meiner Person aus dem Wagen
zurück auf eine Krankenhaustrage war einer dieser magischen Momente.
Wer den Film „Bringing out the dead“ kennt und das Team mit Nic
Cage und Tom Sizemore auch so verehrt, hätte seinen Spaß gehabt,
denn genau daran erinnerte mich das als der junge Notarzt und der
etwas ältere sich aufregten mich samt Lastkarre über die
zugefrorene Liegend-Notaufnahme ins Gebäude zu schieben und das dann
auch noch in Höchstgeschwindigkeit, weil man ja schon direkt die
nächste Tour gebucht hatte. Und als ob das noch nicht schwierig
genug gewesen wäre, schafften es die beiden auch noch jeden
Notaufnahmisten anzupöbeln, wo sie denn eigentlich mit mir hin
sollten.
Also im Fernsehen und aus
Ärzteperspektive wirken diese NAs ja schon immer recht wuselig, aber
das war die absolute Krönung, wirklich hektisch und spannend
bestimmt, wenn man nicht gerade Patient in Lebensgefahr ist, wie man
mir mehrfach eingetrichtert hat, ich denke vor allem um zu
verhindern, dass ich da in meiner Panik wild durch die Gegend laufe,
vielleicht hätte ich das auch gar nicht gekonnt, nur angefühlt hat
es sich, als hätte ich, wahrscheinlich eine Folge des Adrenalins in
Todesnähe. Nachdem ich so fast eine halbe Stunde zwischen Feierabend
machenden Mitarbeitern der NA rumstand wurden mir zwischendurch
immer wieder neue Ankündigungen gemacht, Dialyse, Blutkonserven,
Zugang legen. bla bla, kritischer Zustand, Wortfetzen, immer wieder
unterbrochen vom aus Arztserien bekannten Geräusch des Defibrilators
aus dem Hintergrund. Das Ganze war schon höchst bizarr, ich weiß
nicht einmal wie viele Ärzte und Krankenschwestern sich mir in
kürzester Zeit vorgestellt haben und von meinem Unterbewusstsein
wieder gelöscht wurden. Eigentlich kann ich mir Namen recht gut
merken, aber vermutlich war das Stabilhalten meines Denkapparats
fürs Gehirn zur Zeit wichtiger als flüchtige Bekanntschaften zu
fetischistisch angehauchten jungen Frauen, die Namen der Kerle hätte
ich mir eh nicht gemerkt. Ja ich weiß, den Schowi-Scheiss könnt ich
auch weglassen, macht aber Spaß der Arsch zu sein.
Meine erste
richtige Dialyse stand an, das war beängstigend, aber andererseits
konnte ich jetzt endlich nachempfinden, was Lestat ständig
durchmacht... 3mal die Woche, sehr heftig, denn mit meiner Nadelpanik
bin ich hier doch deutlich fehl am Platz. Im Vergleich zu früher ist das hier zwar nicht mehr ganz die
Topmodelklinik aber Charme und ein durchaus überzeugendes Aussehen
können noch viele vorweisen und dazu haben einige einfach dieses
gewisse Etwas, das den Aufenthalt trotz ernstester Lage beinahe zu
einem Urlaub werden lassen könnte. Mit der Kompetenz der Angestellten bin
ich jedenfalls sehr zufrieden, wäre ich der Kliniktycoon gäbe es
erst einmal nichts zu beanstanden. Diejenige die mir den Hals zum
Zugang für die Dialyse bereit gemacht hat, hätte ich in einer
anderen Situation direkt angegraben und mir eine Abfuhr epischen
Ausmaßes abgeholt und im Anschluss behauptet, dass es sich gelohnt
hätte. Aber stattdessen fragte ich kleinlaut nach einer Urinflasche
und Beruhigungsmittel und ließ die Zugangslegung beruhigt wie eine
Hindu-Kuh über mich ergehen. Und von diesem Zeitpunkt an
verschwimmen auch die Erinnerungen, denn genau kann man, also ich
nicht mehr nachvollziehen was dann geschah.
Irgendwie lag ich lange
Zeit auf der Trage und erfuhr nichts, weder über meinen Zustand,
noch über das wichtigere Ereignis des Tages, die Beerdigung der
Fankultur in deutschen Stadien durch die verfluchte DFL. Und ich
hatte jetzt fast eine Woche nicht geschlafen, mit dem Vieh im Hals
sah ich da auch keine Hoffnung, an die erste Dialyse kann ich mich
auch gar nicht erinnern, obwohl es ja erst ein paar Stunden her ist
und ich eigentlich nicht geschlafen habe, jedenfalls nicht, dass ich
wüsste...Mal sehen wie es weitergeht, seit knapp 2 Stunden bin ich
allein und trotz der objektiven Hektik, wie sie von außen wirkt,
beruhigte mich die ganze Situation doch sehr und ich fühle mich
erstmals wirklich gechillt, seit fast 2 Jahren, unfasslich, wie man
im Todeskampf unter der größtmöglichen Anspannung für den Körper
innerliche Ruhe erreichen kann.
12/12/2012
Zwölf
Als sich die Nacht des 11. zu ihrem
Ende neigte, stand ich vor einer folgenschweren Entscheidung, wo
sollte ich dieses Jahr Weihnachten verbringen. Zur Auswahl stand das
Dortmunder Exilisotop, in dem ich ganz allein mit meinen Ängsten,
Problemen und Schmerzen ein wahrscheinlich recht düsteres Fest
feiern würde, wenn ich es denn noch erlebe, denn derzeit fühle ich
mich doch eher tot als lebendig.
Vielleicht ändert ja ein wenig Schlaf
die Situation,wenn ich denn Schlafen könnte, der zweite mögliche
Weihnachtsort wäre dann wohl mein derzeitiger Aufenthaltsort, der bei
meinen fürsorglichen, teils aber völlig überforderten Eltern,
hier. Vorteile sind ganz klar das Herumliegen und nichts tun müssen,
weil man ja umsorgt wird als Erstgeborener Sohn der Familie. Doch der
wahre Vorteil ist der, dass es sich um einen Ort handelt, an dem die
Panik bei weitem nicht so stark zum Vorschein kommt, wenn sie denn
kommt.
Naja und der dritte Ort den ich mir
derzeit vorstellen kann ist ein Krankenhauszimmer, denn ich befürchte
dass es dieses Mal tatsächlich etwas Ernstes ist, was mich darnieder
reißt und mir die Luft nimmt, mein Herz rasen lässt und mich in
enorme Panik versetzt ohne echte Panik zu sein.
Abonnieren
Posts (Atom)