12/07/2014

Susanne (Part VII)


Der Schleimzwerg war inzwischen schon wieder aktiv geworden. Er brachte mit seiner Verdopplungsfernbedienung ein paar Sender am Auto an und konnte diese mit Bildschirmen im Auge wahrnehmen. Sie gingen bis sie ein Auto fanden. Deren Besitzer saugten sie aus und fuhren möglichst unauffällig hinterher. Z.B. fuhren sie eine Kreuzung nach links und trafen sich mit den anderen bei der übernächsten. Da sprach ihr Boss zu ihnen. „Wenn ihr da seid, nehmt euch in Acht vor dem Magier. Er kann euch in sekundenschnelle vernichten und alles von euch, für ihn Brauchbare, absorbieren. Geht am Besten gar nicht rein. Schnappt euch Susanne und ich lass euch zu mir kommen.“ Wyatt und Susanne sahen eine dunkle Gestalt mit Sonnenbrille direkt auf der Straße stehen. Er hielt seinen Daumen gestreckt, als ob er eine Mitfahrgelegenheit suchen würde. „Vampirschwein!“, rief Wyatt und fuhr auf ihn zu. Doch er fuhr ihn nicht platt, sondern durch ihn durch. Sie machten sich nichts draus, denn sie waren beschäftigt. Der Vampir jedoch klammerte sich von unten ans Auto und fuhr so mit ihnen mit.
Ferdi und Ros waren bereits in der Garage und sahen das Loch. „Sollen wir da jetzt echt reinspringen, Ferdi?“ „Nein, ich habe auch ein ungutes Gefühl.“ Sie machten Kehrt, doch Ferdi schaffte es nicht mehr. Eine lange Schleimschlange zerrte ihn am Bein und zog ihn hinunter. Ros schrie wie wild und rannte hinaus, doch der Schleimarm wurde länger und länger. Schließlich packte er Ros. Sie versuchte sich zu befreien und biss am Schleim herum, doch es brachte nicht viel. Der Schleim zog sie zu sich in die Kanalisation.

„Weißt du überhaupt, wo wir hinfahren?“ Susanne war unsicher, was die Fahrsicherheit von Wyatt anging, denn sie waren gerade zum dritten Mal an der selben Kneipe vorbeigekommen. Wyatt redete, als würde er eine Prophezeiung verkünden: „Wenn Vampire schon tagsüber auf der Straße stehen und der Himmel schwarze Schleier trägt, ist das Ende nicht mehr weit!“ Susanne sah hoch und sah wie sich der Himmel langsam verdunkelte. Schwarze Wolken verschlangen das tiefe Blau des wolkenlosen Himmels. Wyatt hielt das Auto an und war sich sicher an der richtigen Stelle zu sein: „Hier werden wir den Magier treffen und alle anderen, die etwas von dem Amulett wollen.“ Nachdem er das gesagt hatte, zuckten Blitze über den stockfinsteren Himmel, durch dessen Dunkelheit nur noch kleine blaue Flecken zu sehen waren. Es schien Susanne, als ob sich der Himmel in Bewegung setzen würde. Die schwarzen Wolken begannen langsam zu rotieren. Sie rotierten um den Berg Gesinei, dessen Spitze in Flammen gehüllt war. „Weißt du eigentlich, warum der Berg heißt, wie er heißt, Susanne?“ „Ja, der Berg des Todes, seit Menschen Gedenken herrscht Übermut an ihm und er bestraft ihren Übermut, indem er sie tötet! Das sagen jedenfalls die Einheimischen...und bieten dir einen Drink an, dass du dich betrinkst und übermütig wirst!“ Wyatt ließ sie aussprechen und entgegnete dann: „Das ist nicht wahr! Es war dieser Berg, an dem vor Tausenden von Jahren ein geheimer Bund von Druiden eine Kreatur beschworen hatten, die fähig war, die Welt zu vernichten. Sie waren machtlos und konnten ihren Zauber nicht rückgängig machen. Der einzige, der fähig war, dieses Monster zu erlegen, war ein Bauer aus einer armen Familie, er hieß Emil und seine Nachfahren bewachten den Berg und die Amulette über Jahrtausende. Vor ungefähr einem Jahr ist der letzte dieser Bewacher, dein Ex-Freund Eduardo von dieser Welt gewichen. Und weil du ihm am Nächsten standst, wurde der Schutz des Berges dir übertragen.“ Susanne stand da mit weit geöffnetem Mund: „O.k. und welche Kreatur haben sie denn beschworen?“ Wyatt senkte seine Stimme: „Die Kreatur ist der Berg oder besser, der Berg ist die Kreatur! Es ist ein gigantischer Drache, er heißt Gesineidrache, man muss ein mächtiger schwarzer Zauberer sein, um ihn beschwören zu können. Wenn man ihn vernichten will, muss man die Amulette zerstören, von ihnen bezieht er die Energie. Gelangt jedoch der schwarze Magier an das zweite Amulett, dann ist die Welt verloren!“ Geschockt von dieser Aussicht setzte sich Susanne erst mal auf den Bürgersteig und sah zur Feuerwand am Gipfel des Berges.

Henrik, Bernd und Alo waren mittels der Schrottkarre von Ferdi nicht mehr weit gekommen. Irgendwann verloren sie an Sprit. Sie stiegen aus und sahen ein, dass sie Susanne wohl nicht mehr finden würden. Sie sahen sich um und gingen ein wenig abseits der Bevölkerung, denn sie sahen ein schimmerndes Licht. Irgendwann blieben sie stehen, als das Licht immer schneller verschwand. Es war fast so, als ob jemand es unauffällig beseitigen wollte. Sie gaben aber nicht auf und gingen immer weiter abwärts. Irgendwann kamen sie an einem Abgrund an und blieben urplötzlich stehen. Sie sahen nach unten, was leicht und locker 10 Meter besprach. Was sie hier sahen, ließ sie erschüttern. Sie sahen viele kleine Lichter, die anscheinend gefoltert wurden. Einige wurden eingesperrt und mit Schocks gequält, andere wurden anscheinen absorbiert und wieder andere verschwanden mittels kleiner Röhrchens an Ort und Stelle. Es war ihnen klar, dass es sich um Vampire handeln musste, denn sie waren fast alle mit Sonnenbrillen bekleidet, arbeiteten in Höhlen und hatte eine dunkle Schattenanlage gebaut, die ein gutes Vermögen gekostet haben muss. Das soll nicht heißen, dass diese auf legale Weise erworben wurde. Die meisten Vampire, die in Höhlen arbeiteten, hauten mit Pickeln auf den Wänden herum. Es fiel ab und zu eine feste, silberne Substanz heraus. Klar. Das war Silber. Die paar, die sonst noch in der Höhle arbeiteten, schaufelten. Doch wonach gruben sie da? Vielleicht nach dem zweiten Amulett? „Leute, wo könnte Susanne bloß sein?“ Plötzlich richteten sie ihren Blick viel weiter nach oben. Die Vampire wurden unwichtiger, da sie den Gesinei von unten so doll aufblitzen sahen, wie er es noch nie tat. Da blinkte etwas in den Ruinen der Untoten. Die drei richteten ihren Blick an die Freudenschreie, die von unten kamen. Die Vampire versammelten sich um einen Punkt und knieten nieder. Ein Licht war noch gefangen, was ihnen egal schien. Zum Glück hatte Alo ein Fernrohr mit. Er sah – ein Amulett. Plötzlich standen alle auf. Die Vampire, kaum zu zählen brachen auf. Sie sprangen in kleine Löcher, bis alle verschwanden. Henrik, Bernd und Alo verloren keine Zeit. Sie suchten einen Weg, sie zu verfolgen. Und, ja... Sie fanden eine Leiter, die sie vorsichtig nach unten überquerten. Es dauerte eine Weile.
Der Schleim hatte inzwischen Ros und Ferdi verspeist. Er holte ein Gerät heraus, dass aussah wie – ein Amulett. Es blinkte und der Schleim bekam Angst. Und auch der Sarg begann aufzuleuchten.
Die Jugendlichen haben es geschafft und wollten sich so gerne alles genau anschauen, doch sie packten sich nur ein paar spitze Sachen und folgten den Vampiren in die – Kanalisation. An jeder Ecke sahen sie noch die Schatten vieler und verfolgten sie leise und möglichst unauffällig. Ihnen war klar, dass wenn der Schleim die Wahrheit sagte, dass sie gleich wieder bei ihm und dem Sarg ankommen würden. „Leute, ich glaube, wir werden gleich mit Dracula Kontakt aufnehmen“, machte Alo mit einem Mutversuch klar. „Hoffentlich geht es Susanne gut. Was da wohl los ist?“, wollte Bernd wissen. Warum musste Henrik auch den Helden spielen? Er geht bestimmt noch drauf, bei den Zombies, Vampiren und weiß der Teufel, was noch auf ihn lauert. Aber nein. Er wollte sich das näher anschauen und Susanne retten. Wenn sie wirklich in Gefahr wäre, so meinten es die anderen beiden, dann wäre es jetzt sowieso zu spät. Er gegen den Westernhelden? Wer weiß, welche Kräfte da noch am Werk sind.
Der Schleimzwerg raste unvorsichtig in die Karre der beiden, die zum Berggipfel schauten und lenkten ihre Aufmerksamkeit zu ihnen.

Henrik schlug sich durch die Dunkelheit der Kanalisation, lief einfach in die Richtung, in die ihn sein Instinkt führte. Er versuchte nach oben zu gelangen und begegnete auf dem Weg vielen Vampiren, die sich aber überhaupt nicht an seiner Anwesenheit störten. Er bahnte sich seinen Weg bis er zu einem Ausstieg aus der Kanalisation gelangte. Er kletterte also eine der geöffneten Luken hoch und befand sich inmitten von Vampiren. Die Straßen waren voll von ihnen, wie eine Armee bevölkerten unzählbare Horden die Plätze des öffentlichen Lebens. Aber als wären sie betäubt gingen sie nicht auf Menschen los, um sich ihre Blutreserven zu holen, die sie brauchten, um zu überleben. So ging er also durch die Reihen und sah nach oben, der Himmel hatte sich mittlerweile vollkommen verdunkelt und der hellste Punkt der Umgebung war im Moment der Feuersturm auf dem Berg Gesinei.
Im Auge des Feuersturms errichteten die Kreaturen des schwarzen Magiers gerade einen prunkvollen Palast, genau an der Stelle, wo einst die Burg der Bewacher stand. Das Feuer, das den Berg vor Angreifern schützt wurde von Abertausenden von Goblins gelegt, die Mauern um den dunklen Palast errichteten, bevor sie als Futter für die weitaus mächtigeren Höhlentrolle und die fliegenden Verteidiger der Festung, den Torfbolden dienten. Eine Vielzahl verschiedenster Kreaturen war im Auge des Feuers mit der Errichtung einer dunklen Festung beschäftigt, während der Magier Truppen zusammenstellte, die den Berg absuchen sollten, um ihm das zweite Amulett zu bringen.
Wyatt war in eine Art Tagesschlaf gefallen und schien vor sich hin zu meditieren, als Susanne ihn fragte: „Was machen wir, wenn der Magier das Amulett vor uns bekommt?“ Sie wiederholte die Frage mehrere Male. Beim fünften Mal hatte sie die Schnauze voll und ging auf eigene Faust in Richtung Berg. Als sie schon einige Meter weit entfernt von Wyatt stand, legte sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter. Sie vernahm einen beißenden Geruch in ihren Nasengängen, irgend etwas Ekelhaftes hatte seine Griffel auf ihre Schultern gelegt und sie drehte sich langsam um. Eine grinsende Fratze, mit verfaulten Zähnen und knochigem Gesicht blickte sie an. Die Haut der Kreatur war schwarz, als wäre sie verkohlt worden. Die Kreatur begann zu sprechen: „Du wirst mein zweites Frühstück!“ Genau in dem Moment, da sie das gesagt hatte, flog auch schon der Kopf auf den Bürgersteig und der Körper sackte auf dem Boden zusammen. Wie vor Erleichterung drehte sich Susanne um und blickte in die Augen von Wyatt. Sein schwarzes Haar schien helle Strähnchen zu haben, als würde er sich die Haare getönt haben, um einen cooleren Auftritt zu haben. Er lächelte zum ersten Mal, seit sie sich begegnet waren und hauchte: „Jetzt ist es an der Zeit, den Berg zu erklimmen!“ Mit diesen Worten machten sie sich auf den Weg in Richtung Berg, während sie von weitem schon die Unmengen an dunklen Schatten sehen konnten, die sich ihnen zu nähern schienen.

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