Ich weiß nicht, ob ihr das Alles noch ernst meint, Religion ist genau so wenig eine Meinung, wie Rassismus!
Was ist eigentlich überhaupt eine Meinung? Jetzt wird es meta, denn für mich ist Meinung vermutlich etwas anderes als für jene, die der Meinung sind, dass man eine solche mit Ja oder Nein beantwortet. Zu einer Meinung gehört in meiner Welt erst einmal ein Thema und ein Wissensstand, der die Möglichkeit eröffnet mehrere Standpunkte und Blickwinkel einzunehmen und im besten Fall als vertretbar zu verstehen. Es ist noch nichts geschehen, noch geht es nur um Information, die auf die eigene Persönlichkeit trifft. Haben wir nun verschiedene Perspektiven eines Themas durchdacht, erörtert oder vielleicht auch erklärt bekommen ist es an der Zeit sich eine eigene Meinung dazu zu machen. Die Meinung ist in diesem Fall also quasi ein Fazit, dessen, was ich für mich da rausziehe und wie ich das sehe. Nichts weiter. Es kann zu einem Thema hunderte, tausende Meinungen geben, die alle gleichzeitig akzeptabel sind und nebeneinander existieren können, es muss nicht meine sein. Und bei Meinungen gibt es auch kein richtig und kein falsch in meiner Welt.
Jetzt wird es aber kompliziert, denn viele denken, dass man in einer Diskussion oder einem Konflikt, bei dem mehrere Meinungen aufeinandertreffen stets zu einem Konsens kommen muss und in deterministischer Weise eine Meinung am Ende übrigbleibt und dann die richtige ist. Das ist die Argumentationskultur unserer Zeit, bei der es tatsächlich nur noch um ein dafür oder dagegen gibt, obwohl es doch immer wieder beschworen wird, dass man nicht schwarz-weiß denken soll, weil das Leben in den Grautönen stattfindet. Es gibt Themen, da habe ich radikale Meinungen und kann dennoch die radikale Gegenmeinung verstehen und akzeptieren und ich weiß nicht, ob ich Demokratie und ähnliche Worte falsch verstehe aber hier werden auch zig Meinungen destilliert und am Ende zu einem Kompromiss gepresst. Das ist nicht immer gut, weil gerade die radikalen Meinungen dadurch am Ende sich so anfühlen, als seien sie nicht berücksichtigt, doch oft sind die Radikalen sowieso meinungsblind, weil sie eben nur schwarz-weiß sehen und nicht erkennen, dass schwarzer Kaffee, in den man Milch kippt, immer noch einen Braunton hat. Da würde ich zum Beispiel auch eine Meinungsgrenze ziehen, bei braun, denn ich kann viele abwegige Meinungen als solche akzeptieren, doch aus der Richtung kommt oft nur das Argument Hass und das ist in meiner Welt einfach keine Meinung.
Liebe ist übrigens auch keine Meinung, falls jetzt jemand auf die Idee kommt mich wieder Hippie zu nennen, denn auch Liebe ist etwas Emotionales, etwas, dass nicht argumentativ verarbeitet werden kann und da sind wir vermutlich auch schon beim Kasus Knacktus, Meinung ist in unserer Zeit viel zu oft emotional geprägt und daher nicht mehr als Grundlage einer Diskussion oder eines Konflikts zu gebrauchen, um auf ein gemeinsames Ziel zu kommen. Es ist völlig okay emotional auf Themen zu reagieren, sich zu äußern und sich im Zweifelsfall auszukotzen, es muss einem nur klar sein, dass das dann nichts mit Meinung zu tun hat sondern mit Impulsivität. Ich will damit auch niemandem, der seine Meinung emotional vertritt absprechen, dass er dieses tun soll. Ich unterscheide nur zwischen der vermeintlichen "Meinung" in Kommentarspalten rund um die Welt in dem sich Reaktionen emotional aufladen und zu großen Teilen unreflektiert direkt und ohne die Möglichkeit der längeren Beschäftigung damit ergießen und einer wohldurchdachten Meinung, die vielleicht auch die ein oder andere Wandlung durchgemacht hat und auf verschiedensten Argumenten basiert. Damals, als es diese interaktive direkte Reaktionsmöglichkeiten noch nicht gab und man sich Briefe schrieb (ja ja Alter Mann), dachte man noch deutlich länger darüber nach, was man antwortete und achtete auf seine Formulierungen, das hat zwar länger gedauert, oft konnte man aber vieles beruhigen, dadurch, dass man nicht direkt in der Emotion handelte und vielleicht auch mal eine Nacht drüber schlief, bevor man sich äußerte.
Am Ende sind wir Menschen und jeder hat seine Trigger und reagiert in den verschiedensten Situationen impulsiv. Dies nutzen Meinungsmacher aus, übrigens wie Werbetreibende und jeder andere, der verstanden hat, wie es funktioniert um sich selbst zu profilieren. Oder kann mir jemand erklären, warum ein 80g Weihnachtsmann das Dreifache einer Tafel Schokolade kostet? Es ist der emotionale Impact, den das bunte Papier hat. Wenn wir logisch ran gehen würden, würden wir die Tafel kaufen, aber es geht uns nicht um die Schokolade sondern um das Gefühl, wir lassen uns bewusst oder unbewusst manipulieren. Und wir sind der Meinung, das ist an Weihnachten ja auch okay, ist ja nur einmal im Jahr. Zu keiner Zeit des Jahres sieht man mehr über merkwürdige Preise hinweg und sagt sich, ach ist ja nur ein Euro mehr...
Meinung ist was Individuelles und sollte auch dann Bestand haben, wenn alle einer anderen sind. Ich bin laut Hörensagen ein Mensch, der seine Meinung oft ändert, das stimmt wahrscheinlich sogar, denn ich passe sie oft den Gegebenheiten an, die sich ständig verändern, früher war ich zum Beispiel der Meinung, dass manche Dinge einfach teuer sein müssen, um qualitativ hochwertig sein zu können. Heute weiß ich, dass der Preis keine Aussage darüber gibt, wie hochwertig etwas ist, sondern nur darüber wieviel der Hersteller und die Vertriebsketten dafür haben wollen, in einer gerechten Welt würde auch die Nachfrage noch mitspielen, aber das ist wieder was ganz anderes. Meine Meinung ist also durch mehr Wissen eine andere geworden. Daher bin ich generell der Meinung, dass mehr Wissen auch eine fundiertere Meinung möglich macht. Und damit bin ich dann wieder am Anfang, dass Religion oder Rassismus gar keine Meinungen sein können, weil sie sich am Gegenpool von Wissen aufstellen. Oder gibt es Wissen darüber, wie ein Schwarzer Christ und ein Weißer Moslem in irgendwas unterschiedlich sein sollen?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen