"Bunt ist das Dasein und granatenstark!" (aus Bill & Ted)
... und das ist die Wahrheit, wenn man sich anstrengt und das Leben so lebt, wie man es möchte. Das Leben eines gesunden Mittelschichtsweißen in Europa hat faktisch keine Grenzen außer denen, die Andere involvieren (z.B. darf man alles tun, solange man niemandem damit schadet) und damit hat so jemand ein nahezu unendliches Potential zu erfüllen.
Was machen aber die Meisten, sie lassen sich von Anderen sagen, was sie zu tun haben, schuften sich für nichts und wieder nichts den Arsch ab und erwarten Dank für etwas, worum sie nie gebeten wurden. Die meisten Menschen treffen keine eigenen Entscheidungen, weil sie es nicht können. Sie können es nicht, weil sie es nie gelernt haben. Ich musste ziemlich früh lernen Entscheidungen zu treffen, leben oder sterben, kämpfen oder untergehen und darum bin ich heute wirklich gut darin, das Unwichtige vom Wichtigen zu trennen. Dazu konnte ich in den letzten Monaten auch noch eine Fähigkeit meinem persönlichen Portfolio hinzufügen, die ich schon immer hatte, die nur unkontrolliert zu unsagbarem Leid und Schmerzen geführt hat, bei mir und vermutlich auch bei vielen, mit denen ich mich umgeben habe (falls jemand der das liest dazugehört, es tut mir unendlich leid, wenn du durch mich leiden musstest). Die Rede ist von Hochsensibilität, mit der ich seit einiger Zeit endlich umgehen kann. Meine empathischen Fähigkeiten sind vielen Menschen weit voraus und ich nehme große Teile meiner Umgebung auf einer Gefühlsebne war, die ich anderen nur schwer vermitteln kann. Ich spüre, wenn jemand traurig ist, ich fühle seine Freude, ihren Schmerz unmittelbar, als sei es der Meine. Über längere Zeit mit Menschen zusammen zu sein laugt mich aus und ließ sich schon früher nur betäubt ertragen. Ich trinke seit ungefähr 10 Jahren keinen Alkohol mehr, weil er die tiefen meiner Täler zu Untiefen werden ließ und mich in den Höhen fliegen hat lassen, was auch bloß eine Illusion meines Verstandes war und im Nachhinein oft zu Schmerzen führte. Schmerzen waren sowieso oft Teil des Prozesses, das "Ich" auszumachen.
Mein Leben lang habe ich versucht ich selbst zu sein und dann doch immer wieder mehr für Andere geopfert, als ich hatte. Gegeben, um zu geben, nicht weil es geholfen hat, oft hat es geholfen, aber vor Allem, weil ich das brauchte, ich brauchte dieses Gefühl, gebraucht zu werden. Und am Ende war es genau das, nur ein Gefühl. Nicht real, ein Weg meines Gehirns mir nicht zeigen zu müssen, wie es wirklich ist: Jeder ist Allein! Auf sich gestellt und für sich verantwortlich.
Es kam der Punkt an dem ich das verstand und dennoch zog das soziale Umfeld an mir, wie ich zu sein habe, was ich zu denken habe, was ich zu tun habe und ich rebellierte, nicht nur als Teenager, ich konnte einfach nicht damit aufhören, anders sein zu wollen, weil ich mich mit dem um mich herum nicht identifizieren konnte, das war nicht ich. Ich bin ich und das ist eine ganze Menge. Im Laufe der Zeit, wenn man sich selbst gefunden hat und irgendwann dann auch nach etlichen Reflektionen fein mit sich ist erkennt man die Selbstbetrüger und Ich-Verweigerer um sich herum, manche kann man aufwecken, das ist jedes Mal ein erhellendes Erlebnis göttlichen Ausmaßes, die meisten wollen es gar nicht. Sie sind lieber Teil einer Schafsherde, die direkt hinter den Lemmingen jede Klippe runterspringt, die man ihnen aufbaut. Und sie tun so, als seist du es, der falschen Idealen hinterherläuft, obwohl sie bloß keine haben. Ich verurteile niemanden, der das einfache Leben wählt, was irgendwer für ihn bereit hält und Zeit seines Lebens keinen Willen hat, etwas zu erreichen, ich fürchte es muss solche Menschen geben, damit die Strebsamen etwas erreichen können. Die, die sich aus der Herde lösen, schwarze Schafe, die am Ende aber eben nicht in irgendeiner Schlucht liegen und vor sich hinsterben. Anders sein ist der erste Weg zum Ich.
Naja und eigentlich wollte ich bloß schreiben, dass man keine Life-Coaches braucht, wenn man es schafft sein Ich zu finden, ich bin ein großer Freund von Life-Coaches versteht mich nicht falsch, aber wer genug Energie hat, der braucht niemanden, der ihn an die Hand nimmt um er selbst zu sein. Wofür wir Life-Coaches brauchen ist das Aufbrechen unserer Programmierung, die wir von Kleinauf erhalten, darüber wie das Leben läuft, was wir tun müssen und was wir zu lassen haben. Die unterdrückte Freiheit in jedem von uns zu erwecken, das ist der Job sogenannter Life-Coaches. Ich rede nicht von Anarchie sondern von der freien Entfaltung des Geistes, der Möglichkeit jedes einzelnen Individuums Großartigkeit zu erlangen, zu scheinen, sein ICH zu finden und alles raus zu holen. Und mir ist klar, dass ich nicht zur privilegierten gesunden weißen Mittelschicht gehöre, aber ich versuche trotzdem jeden Tag ein bisschen mehr ICH zu sein.
Denn was nutzt es mir im Endeffekt denn, wenn ich jemand anders bin, dadurch ist man auch nicht weniger allein, die langjährigen Leser wissen das, ich hatte meine Persönlichkeit aus Schutzzwecken (sagte meine Psychiaterin) aufgespalten, damit die starken Anteile mich beschützen vor dem, was ich nicht verkraften kann und die schwachen Teile mich nicht schwächen. Ich habe diese Anteile, die alle waren, wie jemand der ich gern wäre wieder zusammengefügt und siehe da, zusammengefügt sind sie Ich und ich bin schon immer der, der ich gern wäre. Man muss nur jeden Tag mit dem Widerstand umgehen, aber das ist nur am Anfang schwer, irgendwann ist es Normalität und auch wenn meine Empathie oder Hochsensibilität dafür sorgt, dass ich die inneren Kämpfe mit sich selbst, bei anderen wahrnehme belastet es mich von Tag zu Tag weniger.
Ich habe in diesem Jahr gelernt (oder bin noch dabei, klappt nicht immer) zu trennen. Wenn ich merke, ich fühle mich schlecht, dann kläre ich für mich ab, wieviel davon ist meins und wieviel davon kommt von außen. Es gelingt wie geschrieben nicht immer, da ich mir viele Gefühle schnell aneigne, aber mir hilft es oft aus der Situation zu gehen, zu klären, was davon war jetzt grad meins und dann zu merken, nicht meins, deins!
Im Grunde ist es das Gleiche was man tut, wenn man argumentiert, man hat einen Standpunkt und den will man vertreten, dazu muss man aber auch den anderen Standpunkt einnehmen, um die Gegenargumente zu verstehen und alles was gesagt wird einzuteilen in Meins und Nicht-Meins. Und genauso läuft das für uns Empathen auf der Gefühlsebene. Ich erkenne Lügner auf den ersten Blick, weil definitiv klar ist, dass es nicht Meins ist. Ehrlichkeit und Treue sind zwei Kernkompetenzen, die mich auszeichnen, weil ich (was jetzt kommt klingt nach Engelsscheiße) der Meinung bin, dass die Welt mit Menschen die mit diesen Fähigkeiten gesegnet sind eine bessere wäre. Und darum geht es für mich generell, ICH will mehr, eine bessere, schönere, lebenswertere Welt. Fangen wir an!!!