"Musik ist mein Leben", so prangt es auf meiner Brust und so fühle ich das Tag für Tag, denn da müsste "Musik sein", in allem was wir tun, ein Soundtrack des Lebens eben... Das soll heute nicht das Thema sein, aber wenn ihr daran Interesse habt, empfehle ich euch hier mal ein wenig zu stöbern, hab mich oft genug schon damit befasst.
Heute geht es mir vor Allem um die Tatsache, dass ich unter der Woche mal eine der in Umlauf befindlichen Song-Generator AIs ausprobiert habe und festgestellt habe, einerseits mit unglaublicher Freude, andererseits mit ein wenig dem Gefühl, was man hat, wenn man früher Hausaufgaben abgeschrieben hat und der von dem man sie hatte gesagt hat, dass man Fehler einbauen soll... Irgendwie ist es faszinierend, dass ich, vor Allem als Songwriter, der Unter-der-Dusche-Sänger Qualitäten vorzuweisen hat hier innerhalb kürzester Zeit etwas erschaffen lassen kann, das qualitativ kaum noch von derzeitig auf dem Markt mit Blut, Schweiß und Tränen hergestellter Musik. Und das ist einerseits ein wahnsinniger Sprung, denn endlich kann jemand wie ich so viel mehr ausspeichern und in die Welt bringen als bisher, allerdings ist das auch irgendwie immer das Gefühl, dass es nicht ich selbst bin. Ganz rational gesehen bin es aber ich, denn im Grunde ist es fast identisch mit dem, was ich tue, wenn ich meinen Song einem Künstler gebe und ihm sage, wie er ihn zu machen hat, quasi alles vorgebe und dann eben einfach nur das Handwerk in die Hände des sogenannten Interpreten gebe. Als würde man ein neues Bad haben wollen, die Handwerker bezahlen und ihnen alles vorgeben, der Akt des Arbeitens ist dann der, den man auslagert. Es wäre für mich etwas anderes, wenn der Kreativitätsprozess von der KI übernommmen würde, sprich das Songwriting und Stimmung, Musikrichtung, spezielle Dinge, die ich in so einem Song haben will, all das gebe ich ja vor, es fühlt sich an, wie ein Werkzeug, so wie eine Schaufel, statt mit den Händen zu graben.
Und dennoch bin ich skeptisch, ob diese Art der Musikherstellung, denn das ist es dann ja doch sich gegen handgemachtes durchsetzen kann oder sollte. Gerade ich als Metaller, der das loopbare Popgedudel der letzten Jahre stets kritisiert hat und nichts damit anfangen kann, plädiert jetzt für Musik aus der Konserve? Wie ich schon schrieb, ich bin ambivalent diesbezüglich, vermutlich hätte ich auch lieber ne Band mit guten Musikern, die jederzeit, wenn mir mal wieder ein Song im Kopf rumspukt, ein Text ausgespeichert werden will oder ich einfach nur Bock auf Jammen habe, die immer verfügbar ist und mit denen ich meine Ideen umsetzen kann aber da fragt sich dann ja wieder, worum geht es dem Künstler hier? Geht es mir, in diesem Fall, darum einfach nur meine Gedanken und Lieder und was ich denke, was in die Welt gehört einfach nur rauszuhauen und dazu die modernen Müglichkeiten zu nutzen, die sich mir bieten, oder habe ich irgendeinen Erfolgsplan oder versuche aus meinem vermeintlichen Talent etwas Zählbares zu machen? Es ist quasi die gleiche Frage, die man sich als Künstler immer stellt, was ist die Intention hinter der Kunst? Ich denke (viel), hier trennt sich dann auch wieder Kunst von Content, wenn man etwas aus dem Herzen heraus erschafft gilt es die Idee umzusetzen und ähnlich wie das Malen oder andere bildende Künste sind wir jetzt in einer Zeit angekommen, wo das "normale Volk" in der Lage ist direkten Zugriff auf diese Technologien zu haben und erschaffen kann, was sonst mit erheblichem meist auf finanziellen Aufwand verbunden war.
Wollen wir noch kurz die Qualität ansprechen? Auch hier bin ich der Meinung, dass die Qualität stark vom User abhängt, denn jemand, der beispielsweise nur 1000 Wörter kennt, wäre früher kaum in der Lage gewesen irgendeine Kunst auszuüben, weil man ihm Dummheit und Ungebildetheit unterstellt hätte. Heutzutage gibt es die Krücke der KI, man muss nichts mehr können, denn selbst wenn der Hirnlappen zu den Ohren rauswächst gibt es doch für Alles ein Tool, das auszugleichen. Einerseits eine tolle Welt, andererseits frustrierend für jene, die sich all das erarbeiten. Wo liegt der Unterschied zwischen einem "lele"-Track von Capital Bra und einer orchestrierten Metal-Oper eines Tobi Sammet? Ist es Qualität? Und wie hoch ist der Wert von Qualität? Kann nahezu kostenlos produzierte Musik, die nahezu kostenlos in Umlauf gebracht werden kann mit Major-Label produzierter und vermarkteter Musik konkurrieren? Oder stellt sich die Frage nicht, weil beides nebeneinander existieren kann, weil Kunst nebeneinander existieren kann? Amateure und Profis, ich hoffe, dass wir irgendwann in einer Welt leben, wo es keine Rolle mehr spielt, wo die Musik (stellvertretend) herkommt, wichtig sollte sein, dass sie gefällt. Und warum sollte ich etwas nur deswegen nicht mögen, weil es technisch gesehen von einer nicht menschlichen Intelligenz stammt, die aber von Menschen erschaffen wurde? Da kommen wir ganz schnell in Bereiche, wo es hochphilosophisch wird...
Meinungen, Anregungen, Kommentare, würde mich sehr über einen argumentativen Austausch freuen...