Und wie ich es vermutet hatte, obwohl man mir mal wieder zugesagt
hatte, mich heute zu entlassen, sind die ominösen Blutwerte, die schon seit 25
Jahren ungefähr so sind nun der offizielle Grund mich hier zu behalten... Auf
den Vorschlag mir Blutkonserven zu geben und mich dann nach Hause zu schicken
musste ich mit einem Vorschlag, ambulant zu verbleiben kontern... Während es
meinem Liegenachbarn zusehendst wenig Spaß macht gewaschen zu werden, was auch
eher einer Qual gleichkommt, in seinem Zustand... Es ist eine Qual sich das
mit ansehen zu müssen und gleichzeitig sind so viele Menschen im Raum, dass ich
kurz vor einer Panikattacke stehe, ich soll während dieser Torturen Essen? Seid
ihr narrisch... Irgendwie tut mir der alte Mann leid, sein Leiden ist fast
greifbar... und das macht mich traurig... Auch wenn das heutige Personal
kompetent wirkt, es ist doch einigermaßen traumatisierend, was hier abgeht...
Mal sehen ob ich erfahre, was meine Blutwerte sagen... Ich
jedenfalls bin nachher weg, dann werden sich hier einige schon stark wundern,
wo denn der nette junge Mann mit den lustigen Haaren hin ist...
Und wie eine dunkle Vorahnung tanzt die verrückte
Essensbestellfrau, eine alte Aussiedlerin, die vermutlich auf 400 Euro Basis
mit ihrem PDA rumläuft und einem Vorschläge für Essen macht... es ist bizarr,
wie sie in gebrochenem Deutsch immer und immer wieder ihre Liste vorliest...
Echt krank... eins aussuchen, voll gemein, kriegt man immer das gleiche...
Immer! Also das hätte es ja in Münster nicht gegeben, dort war die Auswahl
immer recht groß, man hat alles angekreuzt was man isst und die Küche hat dann
jeden Tag was davon zusammengestellt und sich vor allem nicht angestellt...
Sonderwünsche waren kein Problem, Bonusessen, naja aber ich werde den Laden
heute verlassen... wenn es nicht im Guten geht, dann wird das hier heute noch
laut. Aber ich verlass mich mal auf meine Werte und verlasse dann mit Arztbrief
die Bude, mit dem Willen nicht zurückzublicken...
10:35 Die Entscheidung ist gefallen, auf dem Flur erfahre
ich zugerufen, dass ich gehen darf, Dr. Klien, ein großer Kerl mit Halbglatze, der sowohl hier Stationsarzt war als auch noch in einem anderen Krankenhaus, zwischen denen er immer pendelte, das erklärt im Nachhinein doch Einiges, informierte mich... meine Freude
hielt sich in Grenzen, ich konnte es noch nicht ganz glauben, dass man mich
plötzlich so widerstandslos gehen lässt. Also Mama Bescheid gesagt und schon
mal die Abholung geregelt, jetzt nur noch einmal Dialyse und dann Abflug, eine
Last fällt von mir ab. Endlich nicht mehr Nacht für Nacht unruhiger Schlaf,
immer wieder geweckt von Infusionen, die nicht richtig laufen, oder der neuen
Windel für meinen Nachbarn oder einfach nur vom Licht ankloppen der
Nachtschwester, damit sie kontrollieren kann, ob noch alle leben. Die letzte
Nacht war echt eine der schlimmsten, nicht nur, dass es sich um eine
kopftuchtragende sehr unfreundliche, weil sich nicht einmal vorgestellt habende
Nachtschwester handelte, sie hatte vor allem kein gutes Timing und weckte mich
nicht bloß alle 2 Stunden sondern verpasste auch das Kollabieren meines
Nachbarns und ignorierte eine halbe Stunde lang das Piepen der Infusion des
anderen, was mich dazu trieb, die Nacht gegen 4 in der Früh für beendet zu
erklären und mir schon einmal Gedanken zu machen, wie ich mögliche
Argumentationen, mich hier zu behalten auseinander nehme... Außerdem hat man in
dieser Früh auch keinerlei Druck im Bad bei der Körperpflege... Ach Moment, die
hatte ich ja die letzten Tage sowieso nicht, weil man mir ja nur noch
Pflegefälle aufs Zimmer legt, die von Schwestern und Schülern gewaschen werden.
Hier möchte ich einmal Nils und die Nette mit der nervigen Stimme hervorheben,
die sich wirklich zuvorkommend, um den Patienten neben mir gekümmert haben, ganz
anders als die „Bösen Schwestern“ vor einigen Tagen, wo die Wäsche dann schon
an seelische Grausamkeit erinnerte... Ich will an diesem letzten Tag mal im
Fazit ein paar lobende Worte für die süße Janina finden, denn sie hat mir immer
zugelächelt und war immer höchst zuvorkommend in ihrer naiv-netten Form,
sonderlich helle ist sie wohl nicht, aber in ihrer devot dümmlichen Art hat sie
doch stets versucht, alles zur Zufriedenheit der Patienten zu erledigen, damit
hat sie vielen ihrer Kolleginnen einiges voraus, die Dienst am Fleisch machen
und auch genau so arbeiten... Weiterhin möchte ich das Duo Diana und Liane
loben... Nicht nur die bestaussehndste Kombi in der ganzen Klinik, die Diana
ist absolut am falschen Platz, hätte lieber eine Karriere als Schönheitskönigin
gemacht, wahnsinnig schöne Frau, leichter südländischer Einschlag, lange
schwarze Haare und ein Lächeln, wie von Gott geküsst. Immer freundlich, immer
mit einem netten Wort und noch nicht von der allgemeinen „Alles
Scheisse“-Mentalität der Station verseucht, ihre Partnerin genauso, eine süße
junge Ausgabe der Freundin, die ich einst hatte, mit soviel Ähnlichkeiten, dass
ich fast weiter erblasst bin, als ich sie erstmals sah, immerhin die einzige
die mich irgendwann gefragt hat, ob wir uns nicht duzen können, wegen
Krankenhaus und so...
Naja die werde ich wirklich vermissen und Nachtschwester
Elke, die war fähig und freundlich, auch als ich die Bude vollgekotzt und
vollgeschissen habe... und auch später noch als ich das wiederholt hab.. so wie
sie, so hätten mehr dort sein müssen, dann wäre es auch nicht so ein
abgefuckter Laden, denn im Gesamtfazit ist kein anderes Wort als „abgefuckt“
passend. Vielleicht sind andere Stationen ja besser, aber ich kann es mir nicht
vorstellen, die Hygiene war schauderhaft, Geputzt wurde ab und an mal, die
Putzwagen waren irgendwie bloß ständig da, gesehen habe ich das Putzen
irgendwie nicht so oft und wenn dann nur von unterbezahlten Teilzeitkräften,
wie im Straflager. Ein Kackfleck war 2 Tage in meinem Zimmer, gestern die
Nummer mit dem dreckigen Messer und heute der Staub auf der Lampe über dem Bett
und der Schimmel auf dem Joghurt meines Zimmernachbarn, was uns dann von der
Hygiene zur Küche bringt, die sich im anfänglich an die Patienten ausgegeben
Werbeblatt als kulinarisch ansprechend und mit riesiger Auswahl rühmt. Nun ja,
Papier ist geduldig, ich habe auch tatsächlich das ein oder andere interessante
Essen bekommen, die Rolladen waren gut, die Geflügelfrikadelle annehmbar und
sogar der Reiseintopf war eigentlich für einen Eintopf extrem lecker, aber das
sind 3/9, was dann doch eine recht schlechte Quote ausmacht, gemeinerweise
durfte ich anfangs ja auch nicht selbst aussuchen, was ich esse und bekam dann
immer die Grausamkeit des Hauses, da waren harte Nudeln mit Gulasch, welches
nach Hausabfall schmeckte (also so stell ich mir vor, dass Hausabfall
schmeckt), schlecht gegartes zähes Hähnchenfleisch, Seelachs“filet“ mit Gräte
in einer ekelhaften Soße, die schon durch ihre Farbe signalisieren hätte
können: „Iss mich bitte nicht! Ich könnte radioaktiv sein!“ und der wundervolle
Bauernschmarn, der dann ja am Abend seinen Weg mit den Gewürzgurken...