Hat loslassen etwas mit Verlust zu tun? Muss man beim Loslassen immer etwas opfern und was ist es, was wir bekommen?
Jeder weiß, dass loslassen total schwer fällt und man meist im Nachhinein immer wieder das Gefühl hat, dass irgendwas fehlt, aber das ist menschlich. Wir gewöhnen uns an Dinge und sie nach langer Zeit los zu lassen fällt uns schwer, weil wir Gewohnheitstiere sind.
Was Loslassen bedeutet, habe ich erst im letzten Jahr wirklich begriffen, denn ich habe mich gefragt, was ich wirklich brauche, was ist existenziell? Brauchen wir unseren ganzen Luxus, den wir in den Jahren angesammelt haben? Besitz ist eine der Dinge, die es einem vermeintlich schwer machen, ihn los zu lassen, dabei ist es das Leichteste, wir brauchen das Meiste nicht, es sind Annehmlichkeiten, die wir uns zu besitzen und benutzen angewöhnt haben. Sie waren vorher nicht da und werden auch nach ihrem Verschwinden nicht notwendigerweise vermisst. Ich habe seit unserem Umzug nicht mehr auf eine meiner ach so wichtigen Festplatten zugegriffen, um die ich mich so sehr gesorgt habe, dass sie es heil überstehen, weil dort "mein Leben" drauf ist. Ich habe so viel altes Zeug weggeschmissen, weil man es nicht braucht.
Loslassen ist eine Konfrontation mit dem Ich, eine Fragestellung nach dem eigenen Weg, eine Möglichkeit die Weichen neu zu stellen. Ich habe in meinem Umfeld aufgeräumt, die ganzen "Freunde" entfernt, die immer nur dann da waren, wenn ich etwas für sie tun konnte, nie andersherum. Ich habe radikal jeden gestrichen, der mich in diese Situation gebracht hat mir überhaupt Gedanken darüber zu machen, was ich behalten will oder nicht (ich sollte diesen Menschen dankbar sein, denn sie haben mich befreit). Ich habe den Gedanken losgelassen irgendjemandem Rechenschaft zu schulden oder in irgendeiner Weise etwas zu schulden. Ich habe meine Selbstzweifel losgelassen, ich bin gut so wie ich bin und es wird richtig sein, was ich tue. Die einzigen Tränen, die ich geweint habe in dieser ganzen Zeit waren jene des Mitgefühls, weil Menschen um mich herum leiden mussten, weil Menschen um mich herum Ungerechtigkeit angetan wurde, weil Menschen um mich herum mit der Situation überfordert waren. Mein Loslassen hat mir die Stärke gegeben für sie da zu sein.
Loslassen belohnt uns oft damit nicht mehr in einer Erwartungshaltung gefangen zu sein, alles kann - nichts muss! Ich habe vor ziemlich genau 10 Jahren mein Leben losgelassen und entschieden, dass es nicht an mir ist zu entscheiden ob ich lebe. Ich habe bis vor einigen Wochen nicht begriffen, warum ich überhaupt noch da bin, im Grunde weiß ich es immer noch nicht so richtig, aber ich fühle, dass es Sinn macht und so lebe ich. Ich habe Vertrauen!
Ich habe angefangen meine Ängste los zu lassen, das ist wirklich hardcore, das kann ich euch sagen, im Grunde funktioniert es aber ganz simpel - man entscheidet sich dazu. Ihr habt meine Vorhänge gesehen? Ich habe entschieden auf die Leiter zu steigen trotz Höhenangst und nach einiger Zeit bin ich von einer zur zweiten Leiter gehüpft und habe in 2 Metern Höhe Schrauben festgezogen und fühlte mich pudelwohl da oben, es gab überhaupt nichts, wovor man sich hätte fürchten müssen, wahrscheinlich noch nie... Warum ich mich bisher davor fürchtete? Zu viele Gedanken, was alles passieren könnte - warum sollte das denn ausgerechnet mir passieren, ich habe Vertrauen!
Und ich hoffe, dass ich diesen motivierenden Worten auch Taten folgen lassen kann und weitere Ängste zu den Akten legen kann, bzw. sie loslassen kann, denn die meisten davon brauche ich nicht und sie sind hinderlich in meiner Entfaltung, sie sind bloß noch da, weil ich daran gewöhnt bin.
Die letzten Tage ging es mir nicht so gut, weil ich unsicher war, was ich als Nächstes tun soll, ich werde diese Fragestellung jetzt loslassen und übers Wochenende wirken lassen, die Antwort wird schon kommen, ich habe Vertrauen!
Und mittlerweile bin ich nach vielen Erfahrungen dieser Art auch davon überzeugt, dass Alles was man loslässt und was irgendwie zu einem gehört oder doch gebraucht wird zu einem zurückkehrt auf die ein oder andere Weise (natürlich kann ich darauf kein Gewähr geben, aber bei mir scheint das zu funktionieren).
Ich habe gestern mal wieder "Fight Club" geguckt und auch der hat ein paar sehr interessante Ansätze zum Thema, die vielleicht etwas übertrieben dargestellt sind, in ihren Ideen aber mit der Suche nach dem Nullpunkt meiner Vorstellung von Loslassen recht nahekommen.
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